BZ-Home   BZ-Sitemap

Industrie - Wirtschaft - Handel - Finanzen - Logistik  
Verkehr - Forschung - Technik - Klima - Produkte

   Sonderseiten

  duisport thyssenkrupp  Haniel  WBDuisburg Stadtwerke DBI

Produkte -Technik  Mündelheimer Rheinbogen Geschichte Duisburger Unternehmen
Archiv: 5 - 12 2023  01-04 2023
2022 202107. - 12.202001. - 06.202007. - 12.2019
01. - 06.201907 - 12.201801 - 06 2018
07-12 201807-12 201701-06 2017 01-12 2016

 
Archiv Januar - April 2024
 

Wie steht es um die deutsche Wirtschaft?

Duisburg, 30. April 2024
KONJUNKTUR: Wie steht es um die deutsche Wirtschaft? Stand 30.04.2024
Die deutsche Wirtschaft ist im ersten Quartal 2024 gegenüber dem letzten drei Monaten des Vorjahres um 0,2 Prozent gewachsen - damit ist das Land knapp an einer Rezession vorbeigeschrammt. Dem 
Statistischen Bundesamt zufolge wurde die positive Entwicklung "von Anstiegen der Bauinvestitionen und der Exporte getragen. Die privaten Konsumausgaben gingen dagegen zurück". Auch das europäische Statistikamt Eurostat hat heute Zahlen zur Wirtschaftsleistung der Monate Januar bis März veröffentlicht.


Demnach ist das 
Bruttoinlandsprodukt EU-weit um 0,3 Prozent gestiegen. An besten schneidet Irland mit einem Plus von 1,1 Prozent ab. Schlecht sieht es dagegen für die schwedische Wirtschaft aus, die um 0,1 Prozent geschrumpft ist. Für die nahe Zukunft hoffen Expert:innen auf eine anhaltende Trendwende. So war zuletzt der ifo-Geschäftsklimaindex zum dritten mal in Folge gestiegen. Zudem ist der Einzelhandelsumsatz im März um real 1,8 Prozent zum Vormonat gestiegen - so stark wie seit fast zweieinhalb Jahren nicht mehr. In den aktuellen BIP-Prognosen hat sich diese Hoffnung bislang noch nicht niedergeschlagen. Wirtschaftsforscher:innen rechnen für das Gesamtjahr mit einem Wachstum zwischen vo minus 0,2 bis plus 0,2 Prozent. Mathias Brandt
Infografik: Wie steht es um die deutsche Wirtschaft? | Statista

Wie könnte sich die deutsche Wirtschaft 2024 entwickeln?
Die Prognosen der Wirtschaftsinstitute und Institutionen zum 
Wachstum der deutschen Wirtschaft zeichnen ein Bild, bei dem deutsche Wirtschaft sich in diesem Jahr weder besonders positiv oder negativ entwickeln wird. Die Prognosen reichen derzeit von -0,2 Prozent bis +0,2 Prozent. Die jüngste Prognose wurde vom Internationalen Währungsfonds (IWF) veröffentlicht. Der IWF schätzt derzeit, dass das deutsche Bruttoinlandsprodukt um 0,2 Prozent gegenüber dem Jahr 2023 wachsen wird.

Damit beurteilt der IWF die wirtschaftliche Lage Deutschlands schlechter als in seiner vorangegangen Prognose vom Januar 2024 (-0,3 Prozentpunkte). Deutschland leide als Exportnation laut IWF stärker unter dem insgesamt schwachen Welthandel als andere Länder. Zudem habe die Industrie mit den hohen Energiepreisen zu kämpfen.

Beide Faktoren sorgen dem IWF zufolge für ein schwaches Wachstum der Wirtschaftsleistung gegenüber dem vorangegangenen Jahr. Das pessimistischste Gutachten stammt vom 
Handelsblatt Research Institute (HRI). Die HRI-Ökonomen erwarten, dass die Wirtschaftsleistung nach dem Rückgang in 2023 nun auch dieses Jahr sinken wird, um 0,2 Prozent.


„Der deutschen Wirtschaft wurden fast gleichzeitig ihre wichtigsten Standbeine weggezogen, preiswerte Energie aus Russland, florierende Absatzmärkte in China, multilateraler Freihandel und eine unbedingte Sicherheitsgarantie durch die USA“, sagte Handelsblatt-Chefökonom Bert Rürup. Zudem bleibe die „Ampel“-Regierung eine konsistente Strategie schuldig, wie die Herausforderungen der De-Globalisierung, der Dekarbonisierung und des demografischen Wandels gleichzeitig bewältigt werden sollen. Matthias Janson
Infografik: Wie könnte sich die deutsche Wirtschaft 2024 entwickeln? | Statista

IWF-Prognose: Deutschland bleibt Konjunktur-Schlusslicht
Der 
Internationale Währungsfonds (IWF) sieht die Zukunft der deutschen Wirtschaft für das Jahr 2024 in seinem aktuellen Word Economic Outlook (WEO) vom April 2024 negativer als noch im letzten Gutachten aus dem Januar 2024. Demnach könnte das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) in diesem Jahr lediglich um 0,2 Prozent wachsen. Im Januar hatte der IWF für 2024 ein Wachsen der Wirtschaftsleistung um 0,5 Prozent vorausgesagt und die aktuelle Prognose damit um 0,3 Prozentpunkte nach unten revidiert (siehe Grafik).


Deutschland bleibt auch mit dieser neuen Prognose weiterhin das Schlusslicht in der Reihe der stärksten Volkswirtschaften der Welt. Deutschland leide als Exportnation laut IWF stärker unter dem insgesamt schwachen Welthandel als andere Länder. Zudem habe die Industrie mit den hohen Energiepreisen zu kämpfen. Beide Faktoren sorgen dem IWF zufolge für ein schwaches Wachstum der Wirtschaftsleistung gegenüber dem vorangegangenen Jahr.


Die weltweite Wirtschaftsleistung bewertet der IWF nahezu gleich - die aktuelle Prognose liegt lediglich um 0,1 Prozentpunkte höher als im World Economic Outlook (WEO) vom April 2024. Laut IWF liegt die Widerstandsfähigkeit der Vereinigten Staaten und mehrerer großer Schwellen- und Entwicklungsländer weiterhin über den Erwartungen der Experten. Auch die öffentlichen Finanzen vieler Länder hätten sich stabiler als angenommen erwiesen.

Infografik: IWF-Prognose: Deutschland bleibt Konjunktur-Schlusslicht | Statista

Private Haushalte erholen sich langsam vom Energiepreisschock und wollen wieder mehr konsumieren

Düsseldorf/Duisburg, 24. April 2024 - Die Energiepreise sind spürbar gesunken, die Inflationsrate ist zurückgegangen. Das kommt nun auch bei den Haushalten in Deutschland an. Weniger Menschen als noch vor einem guten Jahr fühlen sich durch hohe Energiepreise belastet. Und weniger geben an, ihre Konsumausgaben einschränken zu wollen. Gleichzeitig wächst die Gruppe derer, die demnächst wieder mehr für Einkäufe und Dienstleistungen ausgeben wollen.

Das dürfte den privaten Verbrauch in den kommenden Monaten ankurbeln und die Konjunktur stützen. Aber: Vor allem für Haushalte mit geringem Einkommen bleibt die Lage angespannt. Bei ihnen dürften die Preissteigerungen der vergangenen Jahre und die damit verbundenen Reallohnverluste noch eine Weile nachwirken, und die Mehrheit dieser Haushalte will auch in nächster Zeit bei Ausgaben etwa für Bekleidung, Wohnungsausstattung, Freizeit oder Urlaub kürzer treten.


Das zeigt eine neue Studie von Dr. Jan Behringer und Prof. Dr. Sebastian Dullien vom Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung auf Basis der repräsentativen IMK-Energiepreisbefragung.* Mehr als 9000 Personen wurden im Januar und Februar 2024 befragt, wie sie die Entwicklung der Inflation einschätzen und wie sehr die Energiepreise ihren Haushalt finanziell belasten. Demnach fühlen sich rund 43 Prozent der Haushalte, die mit Gas heizen, durch die Gaspreise „eher schwer“ oder „sehr schwer“ finanziell belastet.



Im Dezember 2022, bei der vorangegangenen Befragungswelle, waren es noch rund 56 Prozent und im August 2022 sogar rund 64 Prozent. Auch bei Fernwärme und Heizöl hat sich die Situation für Haushalte mit der entsprechenden Heizungsart ein wenig entspannt. Während Ende 2022 noch rund 36 Prozent beziehungsweise 47 Prozent der befragten Haushalte angaben, dass Mehrkosten durch höhere Preise für Fernwärme bzw.  Heizöl für sie eine „eher schwere“ oder „sehr schwere“ finanzielle Belastung darstellen, sind es in der aktuellen Befragung nur noch rund 27 Prozent beziehungsweise 39 Prozent.


Der Anteil der Befragten, die hohe Strompreise als starke Belastung empfinden, ist seit Beginn der Befragung im Mai 2022 mit rund 41 Prozent hingegen nahezu konstant geblieben. Bei Benzin und Diesel hat sich die Einschätzung zuletzt nicht wesentlich verändert, allerdings liegt die Quote bei den Kraftstoffen deutlich niedriger als im Frühjahr und Sommer 2022 (siehe auch Abbildung 2 in der Studie).



„Die Belastung durch den historisch einmaligen Energiepreisschock lässt langsam nach“, schreiben die IMK-Forscher. Mit dem tatsächlichen Rückgang der Teuerung sinke auch die wahrgenommene Inflation, wenngleich dies mit einer gewissen Verzögerung geschehe und die aktuelle Inflation noch überschätzt werde. Auf dem Höhepunkt der Jahre 2022 und 2023 lag die Inflationsrate bei rund neun Prozent, im Januar 2024 betrug sie noch knapp drei Prozent. Auch die Preise für Heizöl, Erdgas und Fernwärme lagen zuletzt deutlich unter den Werten vom vergangenen Jahr.


Nach dem Auslaufen der staatlichen Preisbremsen Anfang 2024 sind die Preise insbesondere für Fernwärme zwar wieder etwas gestiegen. Viele Haushalte dürften diesen Anstieg aber noch nicht bemerkt haben, da die Abrechnung in Mehrfamilienhäusern üblicherweise mit Verzögerung erfolgt und die Entscheidung der Bundesregierung zum Ende der Preisbremsen erst spät im Dezember fiel. Zum Rückgang der Energiepreise und der gefühlten Belastung passen auch die Antworten auf die Frage, inwieweit die Menschen planen, ihren privaten Verbrauch zu verändern.


Die Befragten gaben nicht nur seltener als vor gut einem Jahr an, ihren Konsum einschränken zu wollen, sondern haben auch häufiger vor, mehr auszugeben. In den kommenden Monaten sei daher eine moderate Erholung des privaten Konsums zu erwarten, so Behringer und Dullien. Insbesondere in den Bereichen Freizeit, Unterhaltung und Kultur sowie Wohnungsinstandhaltung nimmt die Konsumneigung spürbar zu. Auch in den Bereichen Reisen und Tourismus, Innenausstattung, Haushaltsgeräte und -gegenstände sowie Bekleidung und Schuhe sind Zuwächse zu verzeichnen.


Bei Nahrungsmitteln, Getränken, Tabakwaren sowie Gaststätten- und Restaurantbesuchen fällt der Anstieg geringer aus. Die Gründe dafür sind unterschiedlich: Eine Rolle spielt zum Beispiel, dass die Reduzierung der Mehrwertsteuer auf den Verzehr von Speisen in der Gastronomie zum Jahresbeginn ausgelaufen ist und damit auch die Preise gestiegen sind. Dass die Konsumfreude zunimmt, zeigt sich in allen Einkommensgruppen.


Behringer und Dullien werten das als Indizien für eine „bevorstehende Konsumwende“, insbesondere, so die Forscher, „wenn im Jahresverlauf die Inflationsrate weiter sinkt und mit steigenden Nominallöhnen auch die Reallöhne nach mehreren Jahren des Rückgangs wieder steigen dürften“. Allerdings fallen die Zuwächse bei Haushalten mit einem Einkommen von weniger als 2000 Euro pro Monat geringer aus als bei Haushalten mit einem Einkommen von mehr als 4500 Euro.


Dies deutet auf eine anhaltend starke finanzielle Belastung der unteren Einkommensgruppen hin. Diese waren von der hohen Inflation in den Jahren 2021 bis 2023 besonders betroffen, da Nahrungsmittel und Haushaltsenergie, deren Preise besonders stark anzogen und bei denen kaum gespart werden kann, ein sehr hohes Gewicht in ihrem Warenkorb haben.  

*Jan Behringer, Sebastian Dullien Deutscher Konsum erholt sich langsam vom Energiepreisschock, Ergebnisse aus der IMK-Energiepreisbefragung Anfang 2024.   IMK Policy Brief Nr. 167 ›

Teuerungsraten mancher Haushalte unterschreiten Inflationsziel – EZB verzögert Zinswende

Düsseldorf/Duisburg, 17. April 2024 - Die Inflationsrate in Deutschland ist im März auf 2,2 Prozent gesunken und hat damit das Inflationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB) von zwei Prozent fast erreicht. Die Inflationsbelastung verschiedener Haushaltstypen, die sich nach Einkommen und Personenzahl unterscheiden, lag relativ nah beieinander. Der Unterschied zwischen der höchsten und der niedrigsten haushaltsspezifischen Rate betrug 1,3 Prozentpunkte.


Zum Vergleich: Ein Jahr zuvor waren es 2,4 Prozentpunkte und auf dem Höhepunkt der letzten Inflationswelle sogar 3,1 Prozentpunkte. Während einkommensschwache Haushalte im Mittel des Jahres 2022 und auch 2023 eine deutlich höhere Teuerung schultern mussten als Haushalte mit mehr Einkommen, war ihre Inflationsrate im März 2024 unterdurchschnittlich: Der Warenkorb von Alleinlebenden mit niedrigen Einkommen verteuerte sich um 1,3 Prozent, der von Familien mit niedrigen Einkommen um 1,4 Prozent. Das ergibt der neue IMK Inflationsmonitor, den das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung vorlegt.*



Angesichts der deutlich abgeschwächten Inflation und einer schwachen Wirtschaftsentwicklung habe die Europäische Zentralbank (EZB) vergangene Woche den Einstieg in eine bereits überfällige Zinswende verpasst, sie sollte nun schnellstmöglich mit Zinssenkungen beginnen, mahnen die Forschenden. Dr. Silke Tober, IMK-Inflationsexpertin, und der wissenschaftliche Direktor Prof. Dr. Sebastian Dullien berechnen seit Anfang 2022 monatlich spezifische Teuerungsraten für neun repräsentative Haushaltstypen, die sich nach Zahl und Alter der Mitglieder sowie nach dem Einkommen unterscheiden.




Seit kurzem liefert der Monitor ein erweitertes Datenangebot: Online lassen sich längerfristige Trends der Inflation für alle sowie für ausgewählte einzelne Haushalte im Zeitverlauf in interaktiven Grafiken abrufen (Link zur Datenbank unten). Die längerfristige Betrachtung illustriert noch einmal sehr anschaulich, dass ärmere Haushalte während der aktuellen Teuerungswelle bis in den Sommer 2023 hinein besonders stark durch die Inflation belastet waren, weil sie einen großen Teil ihres schmalen Budgets für Güter des Grundbedarfs wie Nahrungsmittel und Haushaltsenergie ausgeben müssen.


Diese waren lange die stärksten Preistreiber. Im Laufe der letzten Monate hat die Preisdynamik dort aber stark nachgelassen, so dass sich die einkommensspezifischen Differenzen seit dem Höhepunkt im Oktober 2022 deutlich verändert haben. Damals hatten Familien mit niedrigen Einkommen die höchste Inflationsbelastung im Haushaltsvergleich mit 11,0 Prozent. Dagegen waren es beim Haushaltstyp der Alleinlebenden mit sehr hohen Einkommen 7,9 Prozent.


 Vor einem Jahr, im März 2023, waren es Alleinlebende mit niedrigen Einkommen, die mit der höchsten Teuerungsrate konfrontiert waren – 8,7 Prozent. Alleinlebende mit sehr hohen Einkommen lagen auch in diesem Monat mit 6,3 Prozent deutlich niedriger und unter der allgemeinen Inflationsrate von damals 7,4 Prozent. Dass die allgemeine Inflationsrate von Februar auf März 2024 um 0,3 Prozentpunkte zurückgegangen ist, liegt vor allem daran, dass die Preise für Energie deutlich und für Nahrungsmittel etwas niedriger lagen als ein Jahr zuvor – um 2,7 bzw. 0,7 Prozent.


Auch bei den übrigen untersuchten Haushaltstypen jenseits der einkommensschwachen Haushalte wirkte sich die nachlassende Preisdynamik für Güter und Dienstleistungen des Grundbedarfs in weiter rückläufigen Inflationsraten aus, allerdings weniger stark als bei den ärmeren: So betrug die Preissteigerung für Alleinlebende mit sehr hohen Einkommen im März 2,4 Prozent, da diese Haushalte stärker als andere Freizeit- und Kulturdienstleistungen, Hotelübernachtungen,  Restaurantdienstleistungen oder Gesundheitsdienstleistungen nachfragen, deren Preise aktuell anziehen.


Der Warenkorb von Paaren mit Kindern und hohen Einkommen verteuerte sich um 2,2 Prozent, der von Paaren ohne Kinder mit mittleren Einkommen um 2,1 Prozent. Alleinlebende mit höheren Einkommen verzeichneten eine Teuerungsrate von 2,0 Prozent, Paare mit mittleren Einkommen von 1,9 Prozent. Bei Alleinlebenden und bei Alleinerziehenden mit jeweils mittleren Einkommen legten die Preise im Jahresvergleich um je 1,8 Prozent zu.


EZB muss Zinsen rasch senken
Tober und Dullien rechnen mit weiter nachlassendem Preisdruck – und kritisieren, dass die EZB in der vergangenen Woche die Chance verstreichen ließ, die Leitzinsen zu senken. „Trotz der zügig sinkenden Inflation, der aufgehellten Inflationsaussichten und der trüben Wirtschaftslage hat die EZB es bei ihrem Treffen im April 2024 versäumt, die Zinswende einzuleiten.“


Angesichts der eindeutigen Datenlage bei Inflation und Konjunktur „wäre eine Verringerung des geldpolitischen Restriktionsgrades auf Grundlage einer datenbasierten Analyse unbedingt erforderlich gewesen“, schreiben die Forschenden. Eine Zinssenkung sei überfällig, da die stark restriktive Geldpolitik im aktuellen Umfeld die wirtschaftliche Aktivität zu stark drossele und dadurch nicht zuletzt riskiere, dass die Inflation in der mittleren Frist zu gering ausfällt.


 Die EZB müsse ihren Fehler so schnell wie möglich korrigieren, mahnen die Fachleute. Es bestehe zwar ein gewisses Risiko, dass eine weitere Eskalation der Kriege im Nahen Osten und in der Ukraine für deutlich anziehende Ölpreise sorge. Das sei in der aktuellen Lage aber gerade keine Rechtfertigung für weiteres Zögern bei Zinssenkungen, betonen Tober und Dullien. Steigende Ölpreise würden die Wirtschaftsentwicklung noch zusätzlich bremsen.


Gleichzeitig dürften sie „wie in der Vergangenheit ein temporäres Problem bleiben, bei dem eine geldpolitische Reaktion kontraproduktiv ist“, weil Zinserhöhungen wirkungslos gegen solche vorübergehenden Schocks sind. Informationen zum Inflationsmonitor Für den IMK Inflationsmonitor werden auf Basis der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) des Statistischen Bundesamts die für unterschiedliche Haushalte typischen Konsummuster ermittelt. So lässt sich gewichten, wer für zahlreiche verschiedene Güter und Dienstleistungen – von Lebensmitteln über Mieten, Energie und Kleidung bis hin zu Kulturveranstaltungen und Pauschalreisen – wie viel ausgibt und daraus die haushaltsspezifische Preisentwicklung errechnen.


  Die Daten zu den Haushaltseinkommen stammen ebenfalls aus der EVS. Im Inflationsmonitor werden neun repräsentative Haushaltstypen betrachtet: Paarhaushalte mit zwei Kindern und niedrigem (2000-2600 Euro), mittlerem (3600-5000 Euro), höherem (mehr als 5000 Euro) monatlichem Haushaltsnettoeinkommen; Haushalte von Alleinerziehenden mit einem Kind und mittlerem (2000-2600 Euro) Nettoeinkommen; Singlehaushalte mit niedrigem (unter 900 Euro), mittlerem (1500-2000 Euro), höherem (2000-2600 Euro) und hohem (mehr als 5000 Euro) Haushaltsnettoeinkommen sowie Paarhaushalte ohne Kinder mit mittlerem Haushaltsnettoeinkommen zwischen 3600 und 5000 Euro monatlich.

Der IMK Inflationsmonitor wird monatlich aktualisiert.
*Sebastian Dullien, Silke Tober: IMK Inflationsmonitor
IMK Policy Brief Nr. 166, April 2024 Inflation erreicht im März 2024 mit 2,2 Prozent fast die Marke für Preisstabilität.  
Ergebnisse des Inflationsmonitors Interaktiven Grafiken   Mehr erfahren ›

75 Jahre Tarifvertragsgesetz: Erfolgsmodell vor großen Herausforderungen

Stationen der Tarifpolitik 1949 - 2024
Düsseldorf/Duisburg, 16. April 2024 - Vor 75 Jahren, am 22. April 1949, wurde das Tarifvertragsgesetz im Gesetzblatt für das Vereinigte Wirtschaftsgebiet der britischen und amerikanischen Besatzungszone veröffentlicht. Das Gesetz war das Ergebnis langer Verhandlungen zwischen der Militär-Administration der Besatzungsmächte, der Arbeitsverwaltung sowie den nach 1945 neugegründeten Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden. 


Das Tarifvertragsgesetz, das in vielen Punkten an das Tarifvertragsrecht der Weimarer Republik anknüpfte und nach Gründung der Bundesrepublik fortgalt, umfasste ganze 11 Paragrafen und blieb bis heute in seinen Grundzügen unverändert. „Das Tarifvertragsgesetz ist ein Erfolgsmodell“ sagt Dr. Reinhard Bispinck, der über viele Jahre das Tarifarchiv des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung geleitet hat. „Gemeinsam mit der im Mai 1949 durch Artikel 9 Absatz 3 Grundgesetz verankerten Koalitionsfreiheit bildet es seit 75 Jahren den stabilen rechtlichen Rahmen für die sehr wechselvolle Tarifpolitik.“


Das Tarifvertragssystem selbst befindet sich aber in einer anhaltenden Krise: Die Tarifbindung der Unternehmen geht seit mehr als zwei Jahrzehnten zurück. Aktuell arbeitet nur noch etwa jede*r zweite Beschäftigte in einem Unternehmen mit Tarifvertrag. Damit zählt Deutschland zur Gruppe der europäischen Länder, für die mittlerweile auch die EU-Kommission Aktionspläne zur Stärkung des Tarifsystems fordert. Hier seien, so Bispinck, die Tarifvertragsparteien selbst gefordert, aber es bestehe auch ein großer Handlungsbedarf der Politik „Hierzu gehören sowohl die konsequente Koppelung öffentlicher Aufträge und Fördergelder an die Einhaltung von Tarifstandards als auch die Erleichterung der Allgemeinverbindlicherklärung“, so Bispinck.


Bispinck hat zusammen mit dem WSI-Tarifarchiv eine Analyse über die wichtigsten Stationen der Tarifpolitik von 1949 bis heute erarbeitet, die auch die Herausforderungen analysiert, vor denen das Tarifsystem aktuell steht.* Zu den wichtigsten Regelungen des Tarifvertragsgesetzes gehören: • Bestimmung der Tarifvertragsparteien: Tarifverträge können nur zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern oder Arbeitgeberverbänden abgeschlossen werden.

• Unabdingbarkeit der Tarifverträge: Tarifverträge gelten zwingend und unmittelbar. Abweichungen sind nur zulässig, wenn sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder Regelungen zugunsten der Arbeitnehmer*innen enthalten.


• Allgemeinverbindlicherklärung zur Stabilisierung der Tarifbindung: Tarifverträge können auf Antrag der Tarifvertragsparteien für allgemeinverbindlich erklärt werden und gelten dann für alle Betriebe der jeweiligen Branche.

• Nachwirkung von Tarifverträgen: Ein Tarifvertrag gilt auch nach seinem Ablauf weiter, bis er durch eine andere Abmachung ersetzt wird. Stationen der Tarifpolitik von 1949 bis heute In den 1950er Jahren des „Wirtschaftswunders“ gelang den Gewerkschaften eine deutliche Anhebung der Tarifeinkommen. Die Streikintensität erreichte dabei ein Rekordniveau. Dabei ging es auch um sozialpolitische Themen, wie der berühmte Streik um die Lohnfortzahlung 1956/57 zeigt.


In der zweiten Hälfte des Jahrzehnts war die Verkürzung der Wochenarbeitszeit und die 5-Tage-Woche („Samstags gehört Vati mir“) ein weiteres Ziel. In den 1960er und 1970er Jahren änderten sich die Rahmenbedingungen der Tarifpolitik. Die „Konzertierte Aktion“ der Bundesregierung zielte auf eine gesamtwirtschaftliche Einbindung der Lohnpolitik. Niedrige Tarifabschlüsse führten zu wachsender Unzufriedenheit der Beschäftigten und spontanen Streiks. Die Gewerkschaften verfolgten daher eine sehr aktive Lohnpolitik.


So setzte die ÖTV 1974 per Arbeitskampf eine Tarifanhebung von 11 Prozent, mindestens 170 DM, durch. Neben der Lohnpolitik spielte auch die „qualitative“ Tarifpolitik eine Rolle. Der von der IG Metall 1973 durchgesetzte Lohnrahmentarifvertrag II mit Mindesttaktzeiten und Erholpausen gilt als Musterbeispiel für eine auf Humanisierung der Arbeit zielende Tarifpolitik. In den 1980er Jahren stand die Arbeitszeitpolitik im Zentrum.


1984 war das Jahr der langen Streiks um den Einstieg in die 35-Stunden-Woche. Mit weiteren Tarifabkommen 1987 und 1990 gelang in der Metallindustrie und der Druckindustrie die schrittweise Verkürzung auf 35 Stunden bis zum Jahr 1995. Andere Branchen blieben auf halbem Wege stecken. In den 1990er Jahren prägten die Wiedervereinigung und der anschließende Transformationsprozess in Ostdeutschland die Tarifpolitik.


Die scharfe Rezession 1992/93 und die zunehmende Internationalisierung der Wirtschaft und Globalisierung der Konkurrenz führten zu Druck auf die Tarifverträge mit der Folge eines schleichenden Umbaus des Tarifsystems durch Differenzierung und Dezentralisierung. Die Erosion des Tarifvertragssystem (rückläufige Tarifbindung, tarifwidriges Verhalten) trat deutlich zutage. In den 2000er Jahren hofften konservative Kritiker, ihre jahrelange Kampagne gegen angeblich verkrustete und überkommene Strukturen des „Tarifkartells“ zum Erfolg zu führen.


Gesetzliche Eingriffe konnten nur mit Mühe abgewehrt werden. Auf tarifpolitischer Ebene wurden „Öffnungsklauseln“ ein zunehmend genutztes Instrument für eine kontrollierte Dezentralisierung. Das „Pforzheimer Abkommen“ in der Metallindustrie von 2004 ist ein Markstein der Entwicklung. In den 2010er Jahren stand tarifpolitisch zunächst die Bewältigung der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise im Vordergrund. Danach gelangen über Jahre deutliche reale Tariflohnsteigerungen. Im Dienstleistungsbereich (Sozial- und Erziehungsdienst, Gesundheitswesen) setzten die Gewerkschaften mit beruflicher Aufwertung und Entlastungstarifverträgen neue tarifpolitische Akzente.


Mit dem Tarifautonomiestärkungsgesetz von 2014 wurden die Schaffung von tariflichen Branchenmindestlöhnen und die Allgemeinverbindlicherklärung erleichtert. 2015 wurde erstmals in Deutschland ein gesetzlicher Mindestlohn eingeführt, der in den Folgejahren auch die Tarifpolitik gerade in den Niedriglohnbranchen stabilisierte.


Die Folgen der Corona-Pandemie, die rasch steigende Inflation, der wirtschaftliche Einbruch infolge des Ukrainekrieges und die anlaufende Transformation der Wirtschaft stellen die Tarifpolitik seit Beginn der 2020er Jahre vor große Herausforderungen. Angesichts der historisch einmaligen Reallohneinbußen stellten die Gewerkschaften deutlich höhere Lohnforderungen. Das Tarifklima wurde rauer, die Zahl der Arbeitskämpfe nimmt aktuell wieder zu.


Schon fordern Wirtschaftsverbände sowie Vertreter von Union und FDP eine Einschränkung des Streikrechts. Reinhard Bispinck lehnt das ab, auch mit Verweis auf die jahrzehntelange Erfahrung: „Das schlanke, auf Kernbestimmungen konzentrierte Tarifvertragsgesetz hat sich in den vergangenen 75 Jahren bewährt, ebenso der Verzicht auf eine gesetzliche Regulierung des Streikrechts und des Schlichtungswesens.“  Die Tarifvertragsparteien hätten es verstanden, die Konflikte um Arbeits- und Einkommensbedingungen autonom zu regeln.  


*Reinhard Bispinck und das WSI-Tarifarchiv
Analysen zur Tarifpolitik Nr. 102, April 2024 75 Jahre Tarifvertragsgesetz. Stationen der Tarifpolitik von 1949 bis 2024.  


 Stadt Duisburg, IHK und Politik alarmiert wegen Plänen von Thyssenkrupp Steel  

Thyssenkrupp Steel:  Duisburger Produktionskapazität soll deutlich reduziert werden
Pressemitteilung vom 11. April 2024

50 Jahre Hochofen „Schwelgern 1“ - Foto thyssenkrupp-Steel vom Februar 2023

„Entscheidung muss Politik aufwecken!“ IHK alarmiert wegen Plänen von Thyssenkrupp Steel  
Duisburg, 12. April 2024 - Thyssenkrupp Steel Europe plant, seinen Stahl-Bereich zu verkleinern. Das gab der Vorstand bekannt. Die Produktion von Stahl soll um bis zu 2,5 Millionen Tonnen pro Jahr reduziert werden. Hintergrund sei unter anderem die veränderte Nachfrage durch eine schwache Konjunktur, hohe Energiepreise und eine starke internationale Konkurrenz. In der Rhein-Ruhr-Region könnten viele Arbeitsplätze verloren gehen. Ein schwerer Rückschlag für den Industriestandort und eine Warnung für Bund und Land kommentiert


Dr. Stefan Dietzfelbinger, Hauptgeschäftsführer der Niederrheinischen IHK:   „Die Entscheidung von Thyssenkrupp Steel Europe trifft uns am größten Stahlstandort Europas ins Mark. Sie macht deutlich, wie sehr die politischen Bedingungen unsere Industrie belasten. Unsere Unternehmen verlieren im Wettbewerb an Kraft. Die hohen Energiepreise, die komplizierten Verfahren und die Vorgaben rächen sich.

Schwächelt die Stahlbranche, wirkt sich das auf die ganze Wirtschaft aus – weit über die Grenzen von Duisburg und NRW hinaus. Arbeitsplätze, Kaufkraft und Wertschöpfung gehen verloren. Das Tempo, mit dem die Politik auf die bekannten Probleme reagiert, ist inakzeptabel. Die De-Industrialisierung ist in vollem Gange. Bund und Land sind gefordert, unsere Unternehmen zu entlasten. Und zwar sofort.“  


Nach Bekanntgabe der Pläne von Thyssen Krupp Steel Europe: Betriebsbedingte Kündigungen vermeiden und Stahlstandort Duisburg sichern
Thyssen Krupp Steel Europe hat in seiner gestrigen Mitteilung angekündigt, seine Produktionskapazitäten am Standort Duisburg deutlich reduzieren zu wollen. Im Zuge dessen sollen Arbeitsplätze in einem noch nicht genannten Ausmaß abgebaut werden. „Die tausenden Mitarbeitenden sind das Rückgrat der Stahlindustrie in Duisburg und Duisburg ist das Herz der Stahlindustrie in Europa. Das muss auch in Zukunft so bleiben“, sagt Sören Link, Oberbürgermeister der Stadt Duisburg.


„Die Rechte und Belange der Beschäftigten müssen uneingeschränkt gewahrt bleiben. Jetzt muss alles dafür getan werden, um betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden. Ich fordere daher das Management von Thyssenkrupp und HKM auf, den Geist und die Grundregeln der Montanmitbestimmung zu respektieren, um eine faire, rechtzeitige Beteiligung aller zu gewährleisten. Der Erhalt von Arbeitsplätzen in Duisburg muss neben den wirtschaftlich notwendigen Entscheidungen höchste Priorität haben.


Bei der geplanten Produktion von klimaneutralem Stahl in Europa hat sich Duisburg mit an der Spitze dieses Prozesses positioniert. Als Stadt setzen wir weiter auf die Transformation zu grünem Stahl.“ Michael Rüscher, Wirtschaftsdezernent der Stadt Duisburg: „Nachdem die ersten Pläne zur Neuaufstellung von TKS Europe bekannt sind, müssen nun sehr zeitnah Gespräche zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite erfolgen. Insbesondere die vielen Beschäftigten in Duisburg haben es verdient, so schnell wie möglich und mit Sicherheit zu wissen, wie es nach der Beschäftigungsgarantie, die bis 2026 gilt, weitergehen soll.“


Banaszak zu tkse-Planungen: Den Stahlstandort Duisburg nachhaltig sichern
Die Ankündigung des Vorstands von thyssenkrupp Steel Europe, die Produktionskapazitäten im Verbund auf einen Korridor von 9,0 bis 9,5 Millionen Tonnen zu reduzieren, erklärt Felix Banaszak, Duisburger Bundestagsabgeordneter für Bündnis 90/Die Grünen und Berichterstatter für die Stahlindustrie im Wirtschaftsausschuss: “Die Nachricht ist für Duisburg und die Beschäftigten bei thyssenkrupp Steel ein herber Schlag. Ich hätte mir wie viele Duisburger eine andere Entwicklung erhofft.

Sie kommt allerdings auch nicht gänzlich überraschend, schließlich wird am Standort schon seit einigen Jahren deutlich weniger Stahl produziert, als die Kapazitäten von knapp zwölf Millionen Tonnen zulassen würden. Die jetzt angekündigte Anpassung der Produktionskapazitäten kann auch eine Chance sein, den Standort nachhaltig und profitabel aufzustellen - dafür braucht es aber das Commitment aller Beteiligten.

Die Ampel im Bund und die schwarz-grüne Landesregierung haben mit ihrer Förderzusage für die Direktreduktionsanlage am Standort Duisburg die klare Botschaft gesendet: Wir glauben an den Stahl und wir glauben an eine erfolgreiche Transformation. Dafür haben wir uns als Grüne auf allen Ebenen mit Nachdruck eingesetzt.  Die Schwierigkeiten des größten Stahlproduzenten Deutschlands liegen nicht nur an einer anhaltend schwachen Konjunktur und herausfordernden globalen Wettbewerbsbedingungen.


Sie haben auch mit Fehlentscheidungen der Vergangenheit zu tun, die rechtzeitige Investitionen in einen zukunftsfähigen Standort erschwert haben. Das Ziel kann nicht die schleichende Abwicklung der Stahlproduktion sein, sondern eine Neuaufstellung zur Sicherung des Standorts Duisburg. So verstehe ich die Äußerungen des Stahlvorstands. Ich erwarte vom Mutterkonzern, einen solchen Weg zu unterstützen. Es kann nicht darum gehen, die Stahlsparte möglichst klein zu schrumpfen, um sie leichter verkaufen zu können. Das wäre nicht nur für die Beschäftigten und die Region desaströs, sondern in der Folge auch für die Resilienz unseres Wirtschafts- und Industriestandortes.


Deutschland braucht eine starke Stahlindustrie. Mit den gestrigen Ankündigungen hat der Stahlvorstand einen groben Rahmen abgesteckt. Jetzt kommt es auf die Details an. Die Vereinbarung, betriebsbedingte Kündigungen bis 2026 auszuschließen, muss gelten. Alle weiteren Schritte müssen jetzt gemeinsam mit den Beschäftigten und ihren Vertretern verabredet werden. Das sollte auch der Vorstand des Mutterkonzerns beherzigen, der die Gepflogenheiten der Montanmitbestimmung bislang nicht ausreichend verinnerlicht zu haben scheint.

Klar bleibt bei allen Schwierigkeiten: Der Stahlstandort Duisburg kann dauerhaft nur mit einem erfolgreichen und ambitionierten Umbau zur klimaneutralen Produktion erhalten bleiben. Die Transformation ist keine Gefahr, sondern die große Chance für die Zukunft. Auch bei einer Anpassung der Produktionsvolumina müssen dem Bau der ersten Direktreduktionsanlage im Duisburger Norden weitere Schritte folgen.”

 Achtklässler nutzen Osterferien für Persönlichkeitstraining  

IHK-Camp zeigt, wie sich Berufsleben anfühlt
Duisburg, 5. April 2024 - Geld für ein Smartphone, das Fitnesscenter oder eine eigene Wohnung: Was kann ich mir leisten, wenn ich einen Job habe? 22 Gesamtschüler aus den Duisburger Stadtteilen Marxloh und Walsum setzen sich in den Osterferien mit ihrer Lebensplanung und ihren Berufswünschen auseinander. Dafür hatten sie sich auf einen Platz beim Berufsorientierungs- und Sprachcamp der Niederrheinischen IHK beworben. Das Camp ist ein Angebot des Duisburger Schulmodells, um jungen Menschen den Weg ins Berufsleben aufzuzeigen.  


Die Initiative bringt die Achtklässler mit der Duisburger Wirtschaft zusammen. Die Schüler können verschiedene Berufe und Betriebe entdecken und lernen, im Team zu arbeiten. In diesem Jahr haben sie den Fachgroßhandel Collin KG besucht. Sie sprachen auch mit Ausbildern der Helios Kliniken und der Deutschen Post AG. Zum ersten Mal können die Jugendlichen zudem mit Personalern trainieren, wie sie sich gut in Vorstellungsgesprächen präsentieren.


„Die Schüler sollen einen realen Eindruck vom Berufsalltag bekommen – mit allem, was dazugehört. Ich freue mich, dass sich gleich drei Ausbildungsbetriebe für das Training bereiterklärt haben“, erzählt Laura Göddert, Organisatorin des IHK-Camps.  


Auch Werner Schaurte-Küppers, Präsident der Niederrheinischen IHK und einer der Schirmherren des Duisburger Schulmodells, ist von der Initiative überzeugt: „Manche Schüler sind Organisationstalente, andere können Themen gut erklären oder finden schnell passende Lösungen. Beim Sprachcamp können sie diese Fähigkeiten unter Beweis stellen. Die Unternehmer erfahren, was die Jugendlichen außerhalb der Schule ausmacht. In den letzten Jahren konnten sich mehrere Teilnehmer so schon Praktikumsstellen und Ausbildungsplätze sichern. Ein toller Erfolg für alle Beteiligten!“.  


Kooperation mit Universität Duisburg-Essen
Auch in diesem Jahr unterstützt der Lehrstuhl Wirtschaftspädagogik der Universität Duisburg-Essen das Camp. Beim Planspiel „Was kostet das Leben“ geht es darum, dass die 13- bis 15-Jährigen erfahren, wie gut sie von ihrem Azubi-Lohn leben könnten. Dieses Jahr besuchen die Jugendlichen dafür erstmalig den Campus in Duisburg.  


Präsentation der Ergebnisse
Am Abschlusstag, 5. April, präsentieren die Teilnehmer ihre Projektarbeit vor Vertretern der regionalen Wirtschaft im Internationalen Jugend- u. Kulturzentrum Kiebitz. Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link lobt die Achtklässler für ihr Engagement: „Dass 30 Jugendliche zwei Wochen konzentriert ein Ziel verfolgen, ist ein tolles Signal. Ihr werdet euren beruflichen Weg gehen. Davon bin ich überzeugt“.   Gemeinsam mit IHK-Präsident Werner Schaurte-Küppers ist Link Vorsitzender des Projekts. Beide freuen sich über den Erfolg. Das Camp findet bereits zum siebten Mal statt.  


Das Berufsorientierungs- und Sprachcamp ist Teil des Duisburger Schulmodells. Das Langzeitprojekt der Niederrheinischen IHK stärkt die Jugendlichen und wird von Unternehmern unterstützt. Die pädagogische Begleitung des Camps übernahmen die Jugendvereine Jungs e.V. und Mabilda e.V. Sie sind erfahren in der geschlechterreflektierten Arbeit mit Jugendlichen.  

Das siebte Berufsorientierungs- und Sprachcamp der Niederrheinischen IHK war auch in diesem Jahr ein voller Erfolg. Foto: Niederrheinische IHK / Alexandra Roth  


Nach vier Jahren multipler Krisen: Deutsche Gesellschaft „verunsichert, aber nicht erschüttert“

Erwerbspersonenpanel der Hans-Böckler-Stiftung

Düsseldorf/Duisburg,4. April 2024 - Nach knapp vier Jahren Krisensituation sind Erfahrungen und Stimmungen unter den Erwerbspersonen in Deutschland stark gemischt, zeigt die aktuelle Welle der Erwerbspersonenbefragung der Hans-Böckler-Stiftung vom November 2023: Mehr als ein Viertel der befragten Erwerbstätigen und Arbeitssuchenden berichtete von starken finanziellen Belastungen. 60 Prozent aller Befragten äußerten geringes oder gar kein Vertrauen in die Bundesregierung. Bei einer relevanten Gruppe besteht ein erheblicher Zuspruch zu antidemokratischen Kräften.


Andererseits zeigten sich aber auch Stabilisierungstendenzen beim Vertrauen in andere staatliche und gesellschaftliche Institutionen und oft eine etwas günstigere Einschätzung der eigenen Gesamtsituation als während der Corona-Krise und kurz nach dem russischen Überfall auf die Ukraine. Der vertiefte Blick auf in der Befragung geäußerte negative Weltsichten zeigt, dass sie sich bei einem Teil der Befragten zu verfestigen und ein Stück weit zu verselbständigen scheinen.


Das ergibt sich beim Vergleich von Personen in vergleichbarer wirtschaftlicher Lage, differenziert nach politischen Präferenzen: Während AfD-Wähler*innen eine besonders ausgeprägte Verunsicherung und starke Sorgen zu Protokoll geben, äußern sich Wähler*innen anderer Parteien auch bei ähnlicher finanzieller Situation im Mittel deutlich seltener besorgt.


Sehr groß sind auch die Unterschiede bei der Haltung zu Menschen, die vor dem Ukraine-Krieg geflohen sind: Im November 2023 gaben beispielsweise lediglich 42 Prozent der Befragten mit Präferenz für die AfD an, das Schicksal der Geflüchteten bewege sie. Unter den Befragten, die andere Parteien wählen wollen, äußerten hingegen 79 Prozent Mitgefühl.


„Die aktuelle Erhebung der Erwerbspersonenbefragung zeigt eine von multiplen Krisen verunsicherte, aber nicht erschütterte Gesellschaft“, fasst Prof. Dr. Bettina Kohlrausch, die wissenschaftliche Direktorin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung das Bild zusammen. Die Soziologin wertet die Wiederholungsbefragung, die sich seit Frühjahr 2020 im Abstand von vier bis sechs Monaten an dasselbe Panel aus aktuell rund 5.200 Erwerbstätigen und Arbeitssuchenden richtet, zusammen mit den WSI-Forschern Dr. Andreas Hövermann und Dr. Helge Emmler aus.


Es gelingt der AfD, krisenbedingte Unsicherheiten und Belastungen zu mobilisieren und zu verstärken Die beobachtete Verunsicherung resultiere aus den großen finanziellen Belastungen durch die hohe Inflation 2022/2023, die vor allem die unteren Einkommensgruppen stark getroffen haben – auch wenn die Teuerungsrate mittlerweile deutlich gesunken ist, analysiert Kohlrausch. Aus diesen Belastungen und den Sorgen, die damit einhergehen, speise sich auch zu einem beträchtlichen Teil das nur noch geringe Vertrauen in die Bundesregierung und die Zustimmung zur AfD, die unter Erwerbspersonen zwischen den Befragungswellen im Juli und November 2023 erneut gestiegen war.


Mögliche Veränderungen, die sich mit den Berichten des Recherche-Netzwerks Correctiv und den großen Demonstrationen zum Schutz der Demokratie ab Januar 2024 ergeben haben, sind in den Daten nicht erfasst. Gleichzeitig sei es sehr wichtig, jenseits dieser generellen Zusammenhänge auf signifikante Unterschiede individueller Krisenreaktionen zu schauen, betont WSI-Experte Andreas Hövermann: „Unabhängig von ihrer tatsächlichen finanziellen Situation fühlen sich AfD-Wähler*innen durch die aktuellen Krisen stärker betroffen und verunsichert als die Wähler*innen anderer Parteien.


Ganz offensichtlich gelingt es der AfD besonders gut, krisenbedingte Unsicherheiten und Belastungen zu mobilisieren und zu verstärken. Dies ist ein beunruhigender Befund, weil ein derartiges Erstarken anti-demokratischer Kräfte eine ernsthafte Bedrohung für unsere demokratische Gesellschaftsordnung darstellt.“ Debatten um Rückzug des Staates, etwa im Sozialen, sind kontraproduktiv Gleichwohl zeige sich in den Befragungsergebnissen aber auch, dass sich das Vertrauen in andere staatliche und gesellschaftliche Institutionen bei vielen Menschen stabilisiert hat, ebenso wie der Sorgenhaushalt – auch wenn die Sorgen um die eigene wirtschaftliche Situation bei einem Viertel der Befragten weiter hoch sind.


„Auch in turbulenten Zeiten sollte man also nicht aus den Augen verlieren, dass die Gesellschaft über Ressourcen verfügt, die sie stabilisieren. Es gilt, diese Ressourcen zu stärken und destabilisierenden Entwicklungen etwas entgegenzusetzen, insbesondere der starken Belastung der unteren Einkommensgruppen, die trotz sinkender Inflation nachwirkt“, sagt Kohlrausch. „Dafür ist es auch notwendig, dass deutlich wird, dass die Krisen durch staatliches Handeln gestaltbar sind. Debatten um einen Rückzug des Staates, zum Beispiel in der Sozialpolitik, sind hier kontraproduktiv.“  


Mehr als die Hälfte der Befragten (57 Prozent) mit niedrigen Haushaltseinkommen berichtete im November 2023 von starken oder äußerst starken finanziellen Belastungen. Der Wert ist gegenüber der vorherigen Befragungswelle von Juli 2023 um 5 Prozentpunkte angestiegen. Auch in mittleren und höheren Einkommensgruppen hat die finanzielle Belastung bis zum Jahresende 2023 zugenommen – allerdings auf niedrigerem Niveau, insbesondere bei Befragten mit hohen Einkommen.



Generell fühlen sich Erwerbspersonen mit niedrigeren Einkommen derzeit stärker von Krisen betroffen. Befragte, die der AfD zuneigen, konstatieren weitaus häufiger als Wähler*innen anderer Parteien, sie selbst und Deutschland insgesamt seien stark von den Krisen der letzten Jahre betroffen. AfD-Wähler*innen fühlen sich auch besonders häufig unsicher. Die Differenz bei den verschiedenen Fragestellungen liegt bei 25 bis 30 Prozentpunkten (Abbildung 2).


Dass Befragte mit Tendenz zur Wahl der AfD bei wahrgenommener Krisenbetroffenheit und Verunsicherung weit vorne liegen, hängt auch damit zusammen, dass Personen mit niedrigeren Einkommen generell überdurchschnittlich oft AfD wählen. Allerdings erklärt das nur einen Teil der Differenz, wie die verfeinerte Auswertung in unterschiedlichen Einkommensgruppen deutlich macht: Auch bei vergleichbaren Einkommen sehen sich AfD-Wählende viel häufiger durch die Krisen betroffen und sind öfter verunsichert als Wählende anderer Parteien (Abbildung 3).


„Die Unterschiede sind auch bei ähnlichem Einkommen nicht nur statistisch signifikant, sondern teilweise geradezu enorm. Die von der AfD verbreiteten Untergangsszenarien verfangen beim Personenkreis, der AfD wählen will, offenbar nicht nur besonders gut, sie zeigen auch ihre Wirkung und verstärken die Verunsicherung in ihrer Wählerschaft“, sagt Forscher Hövermann. Der gleiche Trend zeigt sich auch, wenn verglichen wird, ob Wählende über finanzielle Rücklagen verfügen oder nicht. Gleichzeitig zeichnet sich in Bezug auf das Vertrauen in wichtige staatliche und gesellschaftliche Institutionen im Gesamtsample eher eine Stabilisierung ab.


Nachdem das Vertrauen gegenüber fast allen Institutionen unmittelbar nach dem völkerrechtswidrigen Angriff Russlands auf die Ukraine zurückgegangen war, hat es sich anderthalb Jahre später, im November 2023, stabilisiert. Lediglich das Vertrauen in die Bundesregierung befindet sich mit 11 Prozent aller Befragten, die ein großes, beziehungsweise sehr großes Vertrauen in die Bundesregierung haben, auf dem niedrigsten Stand, der im Rahmen der Erwerbspersonenbefragung bisher gemessen wurde. 60 Prozent äußerten im November 2023 wenig oder kein Vertrauen zur Regierung, der bislang höchste Wert (Abbildung 4). 


Anhänger*innen der AfD zeichnen sich generell durch ein stark unterdurchschnittliches Institutionenvertrauen aus. Das gilt auf unterschiedlichem Niveau, für Polizei, Justiz oder Bundeswehr ebenso wie für Gewerkschaften oder Arbeitgeberverbände. Extrem niedrig sind die Werte beim Vertrauen zu öffentlich-rechtlichen Medien und zur Bundesregierung – nur 4 bzw. 1 Prozent der AfD-Wähler*innen äußern hier großes oder sehr großes Vertrauen. Dagegen ist das Vertrauen in die präferierte Partei bei AfD-Wähler*innen überdurchschnittlich: 51 Prozent äußern hier großes oder sehr großes Vertrauen in die AfD – Unter Wählenden anderer Parteien sind es im Durchschnitt 41 Prozent, die ein solch großes Vertrauen in die Partei äußern, der sie ihre Stimme geben.


„Hier zeigt sich die Abwendung und ausgeprägte Entfremdung vieler AfD-Anhänger*innen von zentralen demokratischen Institutionen, während die AfD von ihnen als einzige Institution mehrheitlich Vertrauen zugesprochen bekommt. Daran lässt sich zum einen die erhebliche Unzufriedenheit von AfD-Anhänger*innen ablesen. Zum anderen wird aber auch ersichtlich, wie erfolgreich die AfD bei ihren Wählenden darin ist, das Bild eines chaotischen und versagenden Systems zu zeichnen und sich selbst als einzigen Heilsbringer zu positionieren“, sagt WSI-Experte Hövermann.


Schaut man wieder auf alle Befragten, scheinen sich die Erwerbspersonen in Deutschland in mehreren wichtigen Kategorien jenseits der finanziellen Situation tendenziell eher weniger belastet zu fühlen als während der akuten Corona-Krise und im ersten Jahr des Ukraine-Kriegs. Das gilt für die familiäre Situation und für die Arbeitssituation. Die wahrgenommenen Belastungen im Hinblick auf die Gesamtsituation sind zuletzt zwar wieder leicht gestiegen, liegen aber ebenfalls deutlich unter dem Niveau der Jahre 2020 bis 2022 (Abbildung 5).


Weniger uneinheitlich ist die Entwicklung bei den Sorgen, die sich die Befragten machen. Sorgen um die Preisentwicklung liegen weiterhin auf hohem Niveau und die Besorgnis um die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung steigt wieder. Gesellschaftsbezogene Sorgen, beispielsweise zum Zusammenhalt im Land oder zur sozialen Ungleichheit, nahmen bis Ende 2023 weiter zu, sodass zuletzt rund die Hälfte der Befragten hier große Sorgen äußert (Abbildung 6).


Die Anstiege der letzten Jahre bei diesen Sorgen gehen auf weite Teile der Gesellschaft zurück und sind somit nicht auf einzelne gesellschaftliche Gruppen begrenzt – ebenfalls ein Anzeichen für eine zunehmend verunsicherte Gesellschaft.​ Die Einstellungen zu Menschen, die vor dem Krieg in der Ukraine nach Deutschland geflohen sind, sind zwischen Kriegsbeginn und November 2023 deutlich kritischer geworden. So waren zuletzt unter allen befragten Erwerbspersonen 68 Prozent der Meinung, Deutschland könne nicht noch mehr Geflüchtete aufnehmen – 30 Prozentpunkte mehr als kurz nach dem russischen Überfall.
Nachdem direkt nach Kriegsbeginn noch zwei von drei Befragten optimistisch waren, dass Deutschland die Integration der Geflüchteten gelänge, geben dies zuletzt nur noch 40 Prozent an (Abbildung 7/1).


Bei allen abgefragten Items sind Wähler*innen der AfD geflüchteten Ukrainer*innen gegenüber weitaus ablehnender eingestellt als Wähler*innen anderer Parteien (Abbildung 7/2). Unter ihnen fordern vier von fünf, dass sich Geflüchtete aus der Ukraine in Deutschland „erstmal hintenanstellen sollten“ und über 90 Prozent finden, dass Deutschland keine weiteren Geflüchteten mehr aufnehmen könne.


„Die anhaltenden Debatten über eine härtere Gangart im Umgang mit Geflüchteten schlagen sich also zunehmend auch in Entsolidarisierungsprozessen nieder. Gleichzeitig scheint das Gefühl unter AfD-Wähler*innen, gegenüber Geflüchteten zu kurz zu kommen und Etabliertenvorrechte, im Sinne von „wir zuerst“ einzufordern, enorm Verbreitung zu finden. Insgesamt zeigt das Einstellungsmuster der AfD-Wähler*innen hier, wie sehr die Themen Geflüchtete und Integration sie emotionalisieren und mobilisieren“, fasst Andreas Hövermann die Befunde zusammen.  


4. Duisburger Zukunftsgespräche zur Europawahl am 8 April 2024

Industrielle Revolution oder industrielle Illusion?
Duisburg, 27. März 2024 - Der EU-Green Deal und die Auswirkungen in der Region Rhein-Ruhr: Wie gelingt hier die grüne Transformation? Was sind die konkreten Politiker*innen-Pläne für die Zeit nach dem 9. Juni? Dann findet die Europawahl statt – und die „4. Duisburger Zukunftsgespräche“ machen vorab den Inhalts-Check.  

Was tun unsere Vertreter aus Brüssel, damit die Energiewende im Energieland NRW funktioniert? Das fragt Stefan Schulte, Ressortleiter Wirtschaft der FUNKE Mediengruppe, ganz direkt:  
Jens Geier, MdEP SPD, Vorsitzender der SPD-Gruppe in der S&D-Fraktion Moritz Körner, MdEP FDP, Vorsitzender der FDP im Europäischen Parlament Dennis Radtke, MdEP CDU, Koordinator der EVP-Fraktion, EUCDA-Präsident Terry Reintke, MdEP Die Grünen, Co-Fraktionsvorsitzende der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament  

Die 4. Duisburger Zukunftsgespräche findet statt am Montag, 08. April 2024, um 15.30 Uhr im Mezzomar Duisburg, Bertaallee 7, in 47055 Duisburg. Die Veranstaltung ist öffentlich und kostenlos, um Anmeldung wird gebeten unter:
https://bit.ly/3PGJftw.  

Die Duisburger Zukunftsgespräche sind eine Veranstaltungsreihe der Stiftung Mercator, des Klima.Diskurs NRW e.V. und des Hy.Region.Rhein.Ruhr e.V. Organisiert und durchgeführt werden sie von der Duisburg Business & Innovation GmbH. Das Ziel ist die Diskussion von Chancen und Herausforderungen des Ruhrgebiets auf dem Weg zum Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft.

 

Wirtschaftswachstum? Fehlanzeige

IHK fordert: Regierung muss dringend mehr für Wirtschaft tun  
Duisburg, 27. März 2024 - Die deutsche Wirtschaft wird 2024 erneut nicht wachsen. Das sagen die führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute voraus. Sie haben heute ihre Konjunkturprognose vorgestellt. Während die Forscher im Herbst noch einen Zuwachs von 1,3 Prozent erwartet haben, liegt der Wert jetzt bei 0,1 Prozent. Also praktisch bei null. Die Ampel muss deutlich mehr tun, um die Wirtschaft in Schwung zu bringen, fordert Dr. Stefan Dietzfelbinger, Hauptgeschäftsführer der Niederrheinischen IHK:

„Während unsere Nachbarländer wirtschaftlich an Kraft gewinnen, fallen wir weiter zurück. Seit der Pandemie fehlt es uns an Produktivität. Nullwachstum ist wie eine Vier minus auf dem Zeugnis der Regierung. Spätestens die Rezession 2023 hätte alle wachrütteln müssen. Die Ursachen sind bekannt: Unsere Unternehmen brauchen weniger Bürokratie und weniger Steuern. Es fehlen verlässliche Beschlüsse aus Berlin und Düsseldorf, um die Investitionen anzukurbeln. Das gerade verabschiedete Wachstumschancengesetz entlastet unsere Betriebe nicht ansatzweise genug. Die nötige Schlagkraft fehlt. Die Ampel muss entschlossener handeln, um unseren Wirtschaftsstandort zu verbessern. Trödeln ist keine Option.“  

Duisburger Immobilenmarkt im Wandel

Deutlicher Umsatzrückgang, "Gebrauchte Eigentumswohnungen wertstabil!"
Duisburg, 22. März 2024 - Der Gutachterausschuss für Grundstückswerte in der Stadt Duisburg hat in seiner Jahressitzung am 18. März 2024 die Bodenrichtwerte, den Grundstücksmarktbericht und die sonstigen für die Wertermittlung erforderliche Daten zum Stichtag 01.01.2024 als Übersicht über den Grundstücksmarkt in der Stadt Duisburg ermittelt. Grundlage bildet die gemäß § 195 Baugesetzbuch (BauGB) geführte Kaufpreissammlung.


Der Duisburger Immobilienmarkt hat im letzten Jahr einen deutlichen Umsatzrückgang hinnehmen müssen und folgt damit einem landesweiten Trend. Der Hochkonjunkturphase der Jahre 2019 bis 2021 folgt nun über einen sehr kurzen Zeitraum von nur zwei Jahren ein drastischer Umsatzrückgang von rd. 50 Prozent. Die Fallzahlen sind dabei um 35 Prozent gesunken. Dieser Rückgang zeigt deutlich, dass auch der Duisburger Grundstücksmarkt ebenso wie andere Wirtschaftsbereiche, Schwankungen unterworfen ist und zumindest bei dem Umsatz deutlich auf äußere Einflussfaktoren reagiert.


Dennoch lohnt es sich einen Blick auf die Details zu werfen. Bei den Bodenrichtwerten und auch bei den gebrauchten Eigentumswohnungen konnte ein gleichbleibendes Preisniveau festgestellt werden. GRUNDSTÜCKSPREISE FÜR BAUGRUNDSTÜCKE GLEICHBLEIBEND!
Bei den Bauflächen für Ein- und Zweifamilienhäuser sowie Mehrfamilienhäuser konnte wie im letzten Jahr ein größtenteils gleichbleibendes Preisniveau registriert werden. Dies führt zu konstanten Bodenrichtwerten im Stadtgebiet erklärt Herr Alexander Bernt. Vereinzelt wurden Bodenrichtwerte aufgrund von Kaufpreisen angepasst.


2 DEUTLICH WENIGER VERKÄUFE BEI TEILWEISE SINKENDEN PREISEN!
Im Jahr 2023 hat der Gutachterausschuss insgesamt 2.675 Kaufverträge über Verkäufe von Grundstücken, Häusern und Wohnungen (20 Prozent weniger als im Vorjahr) ausgewertet. Im Rahmen dieser ausgewerteten Vorgänge wurden im Duisburger Stadtgebiet rund 779 Millionen Euro umgesetzt. Dies entspricht einem Umsatzrückgang von 33 Prozent. Ein Blick auf die Teilmärkte zeigt folgende Entwicklungen gegenüber dem Vorjahr:

- Kaufverträge über unbebaute Grundstücke: Im Jahr 2023 sind bei insgesamt gleichbleibendem Preisniveau mit 23 Kauffällen deutlich weniger Kaufverträge unbebauter Ein- und Zweifamilienhausgrundstücke registriert worden. Ein deutlicher Rückgang der Verkaufsfälle, um rd. 50 Prozent auf nur mehr 13 Kaufverträge, bei gleichbleibenden Preisen, ist bei den Grundstücken für Mehrfamilienhausbebauung zu verzeichnen gewesen.

- Kaufverträge über bebaute Grundstücke: Dieser Teilmarkt ist mit einer Anzahl von 1.231 Kaufverträge mit rd. 14 Prozent unter dem Niveau der Vorjahre. Im Stadtgebiet ist eine sinkende Preisentwicklung von rd. 11 Prozent für Einfamilienhäuser ermittelt worden. Es konnten mit 32 Kauffällen für neuerstellte Einund Zweifamilienhäuser ebenfalls deutlich weniger Kauffälle registriert werden.

- Kaufverträge über Wohnungs- und Teileigentum: Im Jahr 2023 wechselten mit 1.218 ausgewerteten Kaufverträgen im Bereich des Wohnungs- und Teileigentumsmarktes rd. 22 Prozent weniger Objekte den Eigentümer als im Vorjahreszeitraum. Der Geldumsatz ist dabei um rd. 24 Prozent gesunken auf rd. 147,9 Mio. Euro.


Unabhängig von den Umsatzzahlen zeigte sich im Bereich der „gebrauchten Eigentumswohnungen“ ein gleichbleibendes Preisniveau (Weiterverkäufe - ohne Stellplatz / Garage). Insgesamt konnten nur 33 Erstverkäufe von Wohnungen nach Neubau registriert werden.


BODENRICHTWERTE UND GRUNDSTÜCKSMARKTDATEN 2024
Die Bodenrichtwerte wurden auf Basis, der bei der Geschäftsstelle des Gutachterausschusses geführten Kaufpreissammlung einer detaillierten Analyse unterzogen und hinsichtlich ihrer Abgrenzung, der wertbestimmenden Merkmale sowie dem Wert zum Stichtag untersucht. Zum Stichtag 01. Januar 2024 konnte im gesamten Stadtgebiet bei den Wohnbaugrundstücken eine gleichbleibende Preisentwicklung festgestellt werden.


Die Bodenrichtwerte stehen kostenfrei im zentralen Informationssystem der Gutachterausschüsse und des Oberen Gutachterausschusses für Grundstückswerte im Land NordrheinWestfalen unter www.BORIS.nrw.de zur Verfügung. Unter der Internetadresse kann auch der Grundstücksmarktbericht, der einen umfassenden Überblick über den Grundstücksmarkt in Duisburg gibt, voraussichtlich ab Ende März 2024 kostenfrei abgerufen werden.

3 Neben den aktuellen Daten können unter der Internetadresse auch alle Bodenrichtwerte ab 2011 und Grundstücksmarktberichte ab dem Jahr 2005 kostenfrei abgerufen werden.
INDEX UND IMMOBILIENRICHTWERTE FÜR EINFAMILIENHÄUSER UND EIGENTUMSWOHNUNGEN
In seiner Sitzung am 27. Februar 2024 hat der Gutachterausschuss für Grundstückswerte in der Stadt Duisburg den Index und die Immobilienrichtwerte für Einfamilienhäuser und für Eigentumswohnungen 2024 beschlossen. Die Richtwerte beziehen sich auf den Stichtag 01.Januar 2024.


„Es zeigt sich bei den Einfamilienhäusern ein Preisrückgang von rd. 11 Prozent und bei den Eigentumswohnungen eine gleichbleibendes Wertniveau“, so der Vorsitzender des Gutachterausschusses, Alexander Bernt Ein direkter Vergleich der Immobilienrichtwerte für Eigentumswohnungen mit den letzten Jahrgängen ist durch einen Modellwechsel in der Auswertung nicht möglich.

Unter www.BORIS.nrw.de steht ein „Immobilienpreiskalkulator“ für beide Teilmärkte zur Verfügung. Mit dessen Hilfe und den bereitgestellten Informationen aus der örtlichen Fachinformation kann ein Immobilienrichtwert leicht von jedem auf das vorläufige Vergleichswertniveau des zu bewertenden Objektes angepasst und ggf. sachverständig weiter modifiziert werden.


- Kommunalfinanzen: Das Land bleibt echte Hilfen schuldig
- Flüchtlingsfinanzierung: Land muss gestiegene Kosten ausgleichen

Kommunalfinanzen: Das Land bleibt echte Hilfen schuldig
Duisburg, 22. März 2024 - StGB NRW-Pressemitteilung Düsseldorf - Die Stimmung in den Städten und Gemeinden ist unverändert schlecht. Trotz erweiterter Spielräume im Haushaltsrecht stehen viele Kommunen finanziell mit dem Rücken zur Wand. Solange das Land davor zurückscheut, die strukturelle Unterfinanzierung der Kommunen anzugehen, droht Städten und Gemeinden der Weg in die Haushaltssicherung. „Schon seit mehr als 40 Jahren leben wir von der Substanz und sind immer mehr gezwungen zu improvisieren“, unterstrich Prof. Dr. Christoph Landscheidt, Präsident des Städte- und Gemeindebundes NRW und Bürgermeister der Stadt Kamp-Lintfort am Rande einer Präsidiumssitzung des kommunalen Spitzenverbandes in Düsseldorf.


„Mit jeder Krise, mit jeder neuen Aufgabe wächst die Überforderung. Schon heute reicht es bei etlichen Gemeinden nicht einmal mehr für die Pflichtaufgaben, etwa in der Kita, in Schulen oder anderen Bereichen.“ „Nachdem wir im Herbst mit einem Hilferuf darauf hingewiesen haben, dass jede vierte Kommune vor der Haushaltssicherung steht, hat das Land an einigen Stellen eilig nachgebessert, allerdings nicht einen einzigen Euro frisches Geld in Aussicht gestellt“, bemängelte Landscheidt. Ob die Gespräche zum Abbau von Bürokratie und Standards spürbare Entlastungen bringen, bleibe abzuwarten.


Die kürzlich beschlossenen Änderungen im kommunalen Haushaltsrecht sieht Landscheidt kritisch: „Das neue Gesetz gibt den Kommunen in manchen Fällen die Chance, durch Umbuchungen den Kopf über Wasser zu halten und den gesetzlich vorgeschriebenen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Aber wir haben dadurch keinen Cent mehr in der Tasche“, erläuterte der Präsident. Im Kern habe sich an den Problemen nichts geändert, so Landscheidt.


„Das Land befasst sich mit Symptomen, nicht mit den Ursachen. Wir verschieben die Pleite, aber verhindern sie nicht. Die strukturelle Unterfinanzierung der kommunalen Ebene verschärft sich mit dem wachsenden Investitionsstau von Tag zu Tag“, betonte der Präsident des kommunalen Spitzenverbandes. „Je länger nicht investiert werden kann, umso mehr geht das auf Kosten der Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger sowie den Standort Deutschland insgesamt“, so Landscheidt. „Nicht zuletzt aufgrund des schlechten Zustandes von Schulen, Straßen oder Sportstätten wachsen die Zweifel der Menschen an der Leistungsfähigkeit des Staates. Dies ist eine Gefahr für unsere Demokratie.“


Landscheidt forderte: „Bund und Land als unsere Ansprechpartner stehen mehr denn je in der Pflicht, die Not der Kommunen anzuerkennen und eine auskömmliche wie nachhaltige Finanzierung der Städte und Gemeinden sicherzustellen. ‚Wer bestellt, bezahlt‘ – dieser Grundsatz muss Maßgabe aller politischer Handlungsentscheidungen sein, gerade mit Blick auf die Ausweitung staatlicher Leistungen. Die einzige echte Lösung sehen wir in einem Abbau der strukturellen Unterfinanzierung der Städte und Gemeinden.“


Flüchtlingsfinanzierung: Land muss gestiegene Kosten ausgleichen
Städte und Gemeinden fordern rückwirkende Erhöhung der Flüchtlingspauschale um mindestens 25 Prozent. Die Städte und Gemeinden sind durch die Aufnahme, Unterbringung und Integration von Geflüchteten weiterhin sehr stark belastet.


"Das Land muss die Kommunen deutlich mehr unterstützen und die Flüchtlingspauschale um mindestens 25 Prozent erhöhen", forderte Christof Sommer, Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes NRW (StGB NRW), am Rande einer Präsidiumssitzung in Düsseldorf. "Die Städte und Gemeinden zahlen schon seit Jahren obendrauf. Sie sind zwingend auf eine Erstattung der tatsächlichen Kosten angewiesen, die durch die Unterbringung von Flüchtlingen entstehen", kritisierte Sommer.


"Eine Erhöhung der Pauschale, die uns für jeden Geflüchteten zusteht, ist überfällig. Schon allein wegen der enormen Preissteigerungen ist der aktuelle Betrag von 10.500 Euro im Jahr für eine kreisangehörige Kommune viel zu gering." Sommer wies auf die dauerhaft hohe Belastung der Kommunen hin. "Die Städte und Gemeinden stehen seit Anfang 2022 unter Dauerstress. Umso mehr benötigen sie eine Finanzausstattung, mit der sie Betreuung, Unterkunft und Integration verlässlich bezahlen können", so Sommer.


Die aktuelle Pauschale im Flüchtlingsaufnahmegesetz (FlüAG) sei hoffnungslos veraltet und beruhe auf Kostenberechnungen aus dem Jahr 2017. Das Land stehe daher in der Pflicht die FlüAG-Pauschale rückwirkend zum 1. Januar 2024 um mindestens 25 Prozent zu erhöhen, um Kostensteigerungen aufzufangen, eine Finanzierungsregelung für das Vorhalten nicht belegter Plätze zu schaffen, für die die Kommunen bislang keinerlei Erstattung erhalten, sich stärker an den Gesundheitskosten für Geflüchtete zu beteiligen und die Mindestgrenze von derzeit 35.000 Euro für eine Beteiligung an außergewöhnlichen Krankheitskosten deutlich herabzusetzen. Auch der Bund müsse deutlich mehr Verantwortung übernehmen. Die beim Flüchtlingsgipfel im November verbredete einmalige Pauschale von 7500 Euro reiche nicht aus, um die Kommunen hinreichend zu entlasten.


Auszeichnung für die Volksbank Rhein-Ruhr zur "besten Bank in Duisburg"

Zum erneuten Mal
Duisburg, 22. März 2024 - Die Volksbank Rhein-Ruhr eG überzeugt in Duisburg und darf sich - nach einer umfangreichen Analyse - „BESTE BANK vor Ort“ nennen. Als einziger Bankentest in Deutschland orientiert sich die Gesellschaft für Qualitätsprüfung mbH an den aktuellen Standards für die Finanzberatung privater Verbraucher.
Die Gesellschaft für Qualitätsprüfung mbH hat im Jahr 2024 über 100 Standorte bundesweit umfangreich analysiert.  


Zum Testverfahren: Jede Bank wird anhand einer einheitlichen Methode und auf Basis eines vorgeschriebenen Testfalls überprüft. Das Testszenario sieht einen Kunden vor, der die gleiche Bedarfssituation wie in den Vorjahren aufweist. Der Interessent informiert sich im Vorfeld auf der Website der Bank und gewinnt im Rahmen dessen bereits einen ersten Eindruck, was sowohl die kundenorientierte Darstellung im Internet als auch den Umfang des Angebots angeht. Als einziger Bankentest in Deutschland orientiert sich die Gesellschaft für Qualitätsprüfung mbH an den aktuellen Standards für die Finanzberatung privater Verbraucher.  


Die Volksbank Rhein-Ruhr eG holte sich wiederholt den Sieg in Duisburg und darf sich nun „Beste Bank in Duisburg 2024“ nennen. „Der digitale Wandel hält auch bei uns Einzug. Wir wollen dem Anspruch an eine kundenorientierte und qualitätsbewusste regionale Genossenschaftsbank gerecht werden. Daher sind wir besonders stolz auf diese Auszeichnung, denn sie belohnt unsere Bemühungen – vor alle die unserer Mitarbeitenden“, erklärt Thomas Diederichs (Foto), Sprecher des Vorstandes.  

„Da die Auszeichnung das Motto „Qualität trifft Innovation“ trägt und neben dem digitalen Reifegrad auch die digitale Beratung sowie die Beratungs- und Servicequalität vor Ort bewertet, freuen wir uns noch mehr über diesen Titel. Der Bankentest mit dem Titel „BESTE BANK vor Ort“ trifft eine verbindliche Aussage, wie es um die Beratungsqualität und Digitalisierung für Privatkunden in regionalen und überregionalen Banken steht. Wir freuen uns sehr, dass es uns gelungen ist, unser Angebot an die Wünsche und Anforderungen unserer Kundinnen und Kunden zu orientieren und anzupassen“, betont Thomas Diederichs.

Den zugrundeliegenden Fragebogen wurde um bedeutende Themenstellungen rund um den digitalen Ersteindruck - aus Sicht eines Neukunden u.a. auf der Suche nach einem neuen Girokonto – ergänzt. Mit der neuen Kategorie „Digital-Check“ rundet das Institut seit 2021 die Analysen in einmaliger Art und Weise ab. Das Motto ist und bleibt: „persönlich und digital“; als Selbstverständnis einer kundenorientierten und qualitätsbewussten bzw. qualitätsorientierten Regional- bzw. Filialbank.
 
 


Konjunkturprognose: BIP schrumpft 2024 um 0,3 Prozent, 2025 Wachstum um 0,8 Prozent

Düsseldorf/Duisburg, 20 März 2024 - Leichte Rezession 2023/24, schwaches Wachstum im kommenden Jahr: Die deutsche Konjunktur kann sich nur langsam aus ihrer Schwächephase lösen. Positive Impulse für die Wirtschaftsentwicklung kommen 2024 und vor allem 2025 vom privaten Konsum als Folge von gesunkener Inflation und höheren Lohnabschlüssen. Doch die restriktive Fiskalpolitik der Bundesregierung und die zunächst weiterhin hohen Zinsen verhindern, dass aus der leichten Erholung ein Aufschwung wird.

Insbesondere die Unsicherheit über die künftigen Spielräume bei öffentlichen Investitionen und staatlicher Förderung von privaten Investitionen bleibt hoch und bremst. In der Folge sinkt das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Jahresdurchschnitt 2024 um 0,3 Prozent, 2025 steigt es um 0,8 Prozent. Zu diesem Ergebnis kommt das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung in seiner neuen Konjunkturprognose*.


Die Situation auf dem Arbeitsmarkt ist trotzdem noch relativ stabil: Die Arbeitslosigkeit steigt im Jahresmittel 2024 moderat um rund 140.000 Personen und 2025 um weitere 30.000, die Arbeitslosenquote beträgt 5,9 Prozent und 6,0 Prozent – nach durchschnittlich 5,7 Prozent 2023. Die Inflationsrate wird im Durchschnitt diesen Jahres mit 2,4 Prozent wieder nahe am Inflationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB) liegen und es mit 2,0 Prozent im Jahresmittel 2025 erreichen.

Gegenüber seiner vorherigen Prognose vom Dezember 2023 lässt das IMK die Erwartung für dieses Jahr unverändert. Für 2025 legt das Düsseldorfer Institut heute in einer digitalen Pressekonferenz erstmals eine Prognose vor. Die schwachen Erwartungen für das laufende Jahr spiegeln sich auch in der jüngsten Auswertung des IMK Konjunkturindikators wider: Er zeigt eine Rezessionswahrscheinlichkeit von 58,3 Prozent für den Zeitraum bis Ende Mai an, nur leicht weniger als im Vormonat (61,8 Prozent).

Die Ökonom*innen gehen davon aus, dass die Europäische Zentralbank (EZB) ab April diesen Jahres mit ersten vorsichtigen Zinssenkungen auf die deutlich gesunkene Inflation und die insgesamt schwache Wirtschaftsentwicklung im Euroraum reagieren wird. Bis Ende 2024 dürfte der geldpolitisch entscheidende EZB-Einlagenzins von vier Prozent auf drei Prozent gesenkt werden. Kommt es so, würde die Zentralbank einen – nach Analyse des IMK längst überfälligen – ersten Beitrag dazu leisten, dass sich die stagnativen Tendenzen in der Währungsunion nicht noch weiter verfestigen.

Schlechter sind die Aussichten auf Ebene der nationalen Politik: „Während eine Lockerung der Geldpolitik in Sicht ist, zeichnet sich eine konjunkturgerechte Umkehr der deutschen Fiskalpolitik bisher nicht ab“, kritisiert das IMK. Notwendig wäre es in der bereits lang andauernden Wirtschaftsflaute, die Infrastrukturinvestitionen in Deutschland auszuweiten und transformative Investitionen direkt sowie über günstigere Abschreibungsmöglichkeiten zu fördern. In diesem Zusammenhang müsse auch der Strompreis z.B. durch eine Übernahme von Netzentgelten durch den Bundeshaushalt gesenkt werden, um Produktion im Inland zu sichern und die Abkehr von fossilen Energien im Verkehr und bei der Wärmeerzeugung der Haushalte zu unterstützen.

„Ob es in absehbarer Zeit gelingt, die Schuldenbremse zumindest soweit zu reformieren, dass Investitionen ausgenommen sind, ist allerdings weiterhin fraglich, obwohl die Fiskalregeln auf europäischer Ebene jüngst dahingehend verändert wurden“, schreiben die Wissenschaftler*innen. Sie sehen darin ein gravierendes Versäumnis: „Im vergangenen Jahr begründeten die Energiepreisschocks, die Deutschland besonders stark trafen, das schwache Wachstum in Deutschland. In diesem und im kommenden Jahr ist es die Schuldenbremse, die Deutschland zum wirtschaftlichen Schlusslicht unter den Industrieländern macht.“

Kerndaten der Prognose für 2024 und 2025





– Arbeitsmarkt –


Die schwache konjunkturelle Dynamik bremst die Entwicklung der Erwerbstätigkeit deutlich, diese bleibt aber leicht positiv. Die Zahl der Erwerbstätigen legt 2024 jahresdurchschnittlich um 0,3 Prozent und 2025 noch um 0,1 Prozent zu. Gleichzeitig wächst die Arbeitslosigkeit leicht. Bei den Arbeitslosenzahlen prognostiziert das IMK im Jahresdurchschnitt 2024 einen Anstieg um gut 140.000 Personen, so dass im Jahresmittel rund 2,75 Millionen Menschen arbeitslos sein werden.

Das entspricht einer Quote von 5,9 Prozent. Für 2025 veranschlagen die Forschenden eine weitere geringfügige Zunahme der Arbeitslosigkeit um rund 30.000 auf 2,78 Millionen Personen und eine Quote von 6,0 Prozent. Allerdings dürfe diese vergleichsweise undramatische Entwicklung nicht darüber hinwegtäuschen, dass „die aktuelle Situation am Arbeitsmarkt durchaus fragil ist“, warnt das IMK. Ein weiterer negativer ökonomischer Schock, sei er konjunktureller Art, Folge des globalen Transformationsprozesses der Dekarbonisierung oder anderen Ursprungs, könnte eine deutliche Verschlechterung der Lage provozieren. 

– Weltwirtschaft und Außenhandel –

Die Weltwirtschaft erholt sich 2024 und 2025 moderat, weil die Inflation global gesunken ist und auch Zinssenkungen der Notenbanken in Aussicht stehen. Allerdings ist der Trend weltweit nicht einheitlich: Während das Wirtschaftswachstum in Indien stark bleibt und in Südkorea, Kanada oder der EU zumindest etwas anzieht, verlangsamt sich die BIP-Entwicklung in den USA, allerdings auf vergleichsweise hohem Niveau: 2024 wächst die US-Wirtschaft um 2,2 und 2025 um 1,7 Prozent im Jahresmittel. Für China prognostiziert das IMK einen BIP-Zuwachs um 4,5 und 4,3 Prozent. Das Wirtschaftswachstum im Euroraum steigt von 0,5 Prozent 2024 auf 1,3 Prozent im kommenden Jahr.


Nach dem Einbruch 2023 erhalten die deutschen Exporte deshalb etwas stärkere Impulse von wichtigen Handelspartnern, was sich allerdings erst im kommenden Jahr im Durchschnittswert der Statistik niederschlägt: Im Jahresdurchschnitt 2024 sinken die Ausfuhren noch um 1,5 Prozent, 2025 legen sie um 2,2 Prozent zu. Zudem leistet der Außenhandel per Saldo rechnerisch in keinem der beiden Jahre einen positiven Wachstumsbeitrag, weil die Importe in diesem Jahr weniger stark sinken (-1,2 Prozent) und im kommenden Jahr stärker steigen (3,4 Prozent) als die Exporte.

– Investitionen –

Die Ausrüstungsinvestitionen gehen laut IMK-Prognose im Jahresdurchschnitt 2024 um 0,1 Prozent zurück, was allerdings auch mit einem statistischen Sondereffekt aus 2023 zusammenhängt. Im kommenden Jahr legen sie hingegen um 3,1 Prozent zu. Dazu tragen auch die wachsenden Ausgaben für Verteidigung bei, die als öffentliche Investitionen verbucht werden. Die Bauinvestitionen sinken wegen hoher Kosten und Zinsen weiter massiv. Nach einem Rückgang um 5,4 Prozent im Jahresdurchschnitt 2024 fallen sie 2025 noch einmal um jahresdurchschnittlich 1,3 Prozent, wobei sich im Jahresverlauf 2025 mit +0,7 Prozent eine leichte Belebung andeutet.

– Privater Konsum –

Bei gesunkener Inflation und stärkeren nominalen Lohnsteigerungen, unter anderem durch höhere Tarifabschlüsse, und bei leicht steigender Erwerbstätigkeit steigen die Realeinkommen der Haushalte wieder. Für 2024 erwartet das IMK einen Zuwachs um 0,8 Prozent im Jahresdurchschnitt, für 2025 um 1,3 Prozent. Das wirkt, bei leicht sinkender Sparquote, positiv auf den Konsum. Die privaten Konsumausgaben wachsen dementsprechend im Jahresmittel 2024 real um 0,7 Prozent. 2025 legen sie um 1,6 Prozent zu. Vor allem im kommenden Jahr wird der Privatkonsum so zur zentralen Stütze der Wirtschaftsentwicklung.

– Inflation und öffentliche Finanzen –

Für 2024 rechnet das IMK mit einer durchschnittlichen Teuerungsrate von 2,4 Prozent. 2025 beruhigt sich das Inflationsgeschehen noch weiter, im Jahresmittel liegt die Teuerungsrate bei 2,0 Prozent.

Die Steuereinnahmen steigen 2024 eher langsam, nicht zuletzt als Folge verschiedener steuerlicher Entlastungen. 2025 nehmen sie dann etwas stärker zu. Das öffentliche Budget wird 2024 ein Defizit von 1,8 Prozent aufweisen. Für das kommende Jahr geht das IMK für die öffentlichen Finanzen von einem restriktiveren Kurs aus. Das bremst die Konjunktur, lässt aber kurzfristig auch das Defizit weiter sinken auf 1,2 Prozent im Jahresdurchschnitt 2025.

  

Teuerungsraten unterschiedlicher Haushalte nahe am Inflationsziel – Zeit für zügige Zinssenkungen

Düsseldorf/Duisburg, 19. März 2024 - Die Inflationsrate in Deutschland ist im Februar auf 2,5 Prozent gesunken. Damit ist sie vom Inflationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB) von zwei Prozent nicht mehr weit entfernt – obwohl mehrere Maßnahmen der Bundesregierung zuletzt preistreibend gewirkt haben. Die Inflationsbelastung verschiedener Haushaltstypen, die sich nach Einkommen und Personenzahl unterscheiden, lag dabei relativ nah beieinander.


Der Unterschied zwischen der höchsten und der niedrigsten haushaltsspezifischen Rate betrug im Februar einen Prozentpunkt. Während einkommensschwache Haushalte im Mittel der Jahre 2022 und 2023 eine höhere Teuerung schultern mussten als Haushalte mit mehr Einkommen, war ihre Inflationsrate im Februar unterdurchschnittlich: Der Warenkorb von Alleinlebenden mit niedrigen Einkommen verteuerte sich um 1,6 Prozent, der von Familien mit niedrigen Einkommen um 1,8 Prozent. Das ergibt der neue IMK Inflationsmonitor, den das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung vorlegt.*


Dr. Silke Tober, IMK-Inflationsexpertin, und der wissenschaftliche Direktor Prof. Dr. Sebastian Dullien berechnen seit Anfang 2022 monatlich spezifische Teuerungsraten für neun repräsentative Haushaltstypen, die sich nach Zahl und Alter der Mitglieder sowie nach dem Einkommen unterscheiden (mehr zu den Typen und zur Methode unten und in der Abbildung im Anhang). Seit kurzem liefert der Monitor ein erweitertes Datenangebot: Online lassen sich längerfristige Trends der Inflation für alle sowie für ausgewählte einzelne Haushalte im Zeitverlauf in interaktiven Grafiken abrufen. Ergebnisse Inflationsmonitor in interaktiven Grafiken


Die längerfristige Betrachtung illustriert noch einmal sehr anschaulich, dass ärmere Haushalte während der aktuellen Teuerungswelle bis in den Sommer 2023 hinein besonders stark durch die Inflation belastet waren, weil sie einen großen Teil ihres schmalen Budgets für Güter des Grundbedarfs wie Nahrungsmittel und Haushaltsenergie ausgeben müssen. Diese waren die stärksten Preistreiber. Im Laufe der letzten Monate hat die Preisdynamik dort aber stark nachgelassen, so dass sich die einkommensspezifischen Differenzen seit dem Höhepunkt im Oktober 2022 deutlich verändert haben.


Damals hatten Familien mit niedrigen Einkommen die höchste Inflationsbelastung im Haushaltsvergleich mit 11,0 Prozent. Dagegen waren es beim Haushaltstyp der Alleinlebenden mit sehr hohen Einkommen 7,9 Prozent. Vor einem Jahr, im März 2023, waren es Alleinlebende mit niedrigen Einkommen, die mit der höchsten Teuerungsrate konfrontiert waren – 8,7 Prozent. Alleinlebende mit sehr hohen Einkommen lagen auch in diesem Monat mit 6,3 Prozent deutlich niedriger und unter der allgemeinen Inflationsrate von damals 7,4 Prozent. 


Dass die allgemeine Inflationsrate von Januar auf Februar 2024 um 0,4 Prozentpunkte zurückgegangen ist, liegt vor allem daran, dass die Preise für Energie niedriger lagen. Zudem verteuerten sich Lebensmittel zwar um 1,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr, aber auch das stellt eine starke Verlangsamung gegenüber den Monaten zuvor dar. Auch bei den übrigen untersuchten Haushaltstypen jenseits der einkommensschwachen Haushalte wirkte sich die nachlassende Preisdynamik für Güter und Dienstleistungen des Grundbedarfs aus, allerdings weniger stark als bei den ärmeren: So betrug die Preissteigerung bei Alleinlebenden mit sehr hohen Einkommen sowie bei Paarfamilien mit hohen Einkommen im Februar 2,6 Prozent.


Der Warenkorb von Paaren ohne Kinder mit mittleren Einkommen verteuerte sich um 2,5 Prozent, der von Paarfamilien mit mittleren Einkommen um 2,3 Prozent. Bei Alleinlebenden mit höheren Einkommen schlug die Inflation mit 2,2 Prozent zu Buche. Bei Alleinlebenden und bei Alleinerziehenden mit jeweils mittleren Einkommen legten die Preise im Jahresvergleich um 2,1 Prozent zu.



EZB sollte Zinsen rasch senken
Der Rückgang der Teuerung wäre noch stärker ausgefallen, wenn der Staat zum Jahresanfang nicht preistreibend eingegriffen hätte, was sich auch im Februar auswirkte. Ohne die vorzeitige Beendigung der Energiepreisbremsen, die stärkere Erhöhung des CO2-Preises und die Rückkehr zum normalen Mehrwertsteuersatz im Gastgewerbe hätte die Inflationsrate im Februar noch um etwa einen halben Prozentpunkt niedriger gelegen, also bei rund 2,0 Prozent, so die Fachleute des IMK. Für die kommenden Monate erwarten Tober und Dullien, dass die Europäische Zentralbank auf die deutlich gesunkenen Inflationsraten in Deutschland wie im gesamten Euroraum mit Zinssenkungen reagiert.


Offensichtlich habe der Rückgang der Teuerung die Notenbank überrascht – seit der letzten Zinserhöhung im September 2023 hat die EZB ihre Inflationsprognose für 2024 gleich zweimal um insgesamt 0,9 Prozentpunkte nach unten revidiert. Dementsprechend bremsen die hohen Leitzinsen die Konjunktur noch stärker als vor kurzem erwartet. Hinzu kommt, dass die Regierungen verschiedener Euro-Staaten in den letzten Monaten fiskalpolitisch die Zügel angezogen haben – insbesondere Deutschland nach dem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts im November. Das belastet die Wirtschaftsentwicklung zusätzlich.


Wenn die EZB nicht schnell gegensteuere, riskiere sie, „dass sich die stagnativen Tendenzen verfestigen“ und die Inflationsrate noch spürbar unter das Ziel von zwei Prozent falle. „Vor diesem Hintergrund sind zügige Zinssenkungen nicht nur erforderlich, sondern auch zu erwarten“, schreiben Tober und Dullien. Informationen zum Inflationsmonitor Für den IMK Inflationsmonitor werden auf Basis der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) des Statistischen Bundesamts die für unterschiedliche Haushalte typischen Konsummuster ermittelt. So lässt sich gewichten, wer für zahlreiche verschiedene Güter und Dienstleistungen – von Lebensmitteln über Mieten, Energie und Kleidung bis hin zu Kulturveranstaltungen und Pauschalreisen – wie viel ausgibt und daraus die haushaltsspezifische Preisentwicklung errechnen.


Die Daten zu den Haushaltseinkommen stammen ebenfalls aus der EVS. Im Inflationsmonitor werden neun repräsentative Haushaltstypen betrachtet: Paarhaushalte mit zwei Kindern und niedrigem (2000-2600 Euro), mittlerem (3600-5000 Euro), höherem (mehr als 5000 Euro) monatlichem Haushaltsnettoeinkommen; Haushalte von Alleinerziehenden mit einem Kind und mittlerem (2000-2600 Euro) Nettoeinkommen; Singlehaushalte mit niedrigem (unter 900 Euro), mittlerem (1500-2000 Euro), höherem (2000-2600 Euro) und hohem (mehr als 5000 Euro) Haushaltsnettoeinkommen sowie Paarhaushalte ohne Kinder mit mittlerem Haushaltsnettoeinkommen zwischen 3600 und 5000 Euro monatlich. Der IMK Inflationsmonitor wird monatlich aktualisiert.


Einkommen, Mitsprache, Anerkennung: Erfahrungen im Job können demokratische Einstellungen stabilisieren – oder unterminieren

Düsseldorf/Duisburg, 12. März 2024 - das Erstarken rechtsextremer und anti-demokratischer Einstellungen in Deutschland steht mit Erfahrungen sozialer Desintegration in Verbindung, mit denen sich ein relevanter Teil der Bevölkerung konfrontiert sieht. Dazu zählen unter anderem Befürchtungen, den eigenen Lebensstandard nicht halten zu können, Sorgen um die Alterssicherung und um die berufliche Zukunft, die beispielsweise bei Erwerbspersonen, die zur AfD tendieren, weit überdurchschnittlich verbreitet sind.



Aber auch mangelnde Mitsprache am Arbeitsplatz und das damit verbundene Gefühl, mit tiefgreifenden Veränderungen in Arbeitsleben und Gesellschaft ohne Möglichkeit zur Einflussnahme nicht Schritt halten zu können – oder der Eindruck, dass die berufliche Leistung vom Arbeitgeber nicht ausreichend anerkannt wird, sind wichtige Faktoren (Abbildung 2 in der pdf-Version). Das zeigen aktuelle Studien, unter anderem des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung, über die WSI-Direktorin Prof. Dr. Bettina Kohlrausch in einer neuen Kurzanalyse einen Überblick gibt.*


 „Es ist für Demokratien lebensbedrohlich, wenn ein wachsender Teil der Bevölkerung die Gestaltung der Gesellschaft zwar im Rahmen demokratischer Rechte mitverantwortet, die grundlegenden Werte und Regeln, die sie ausmachen, aber nicht teilt. Menschen müssen sich die Demokratie und ihre Werte zu eigen machen, damit sie funktioniert“, warnt die Soziologin. Einer der Faktoren, die zu einer Erosion demokratischer Einstellungen führen können, ist die Erfahrung von Anerkennungsverlusten bzw. Anerkennungsbedrohungen, ergeben unter anderem Untersuchungen des Soziologen Prof. Dr. Wilhelm Heitmeyer oder die Leipziger Autoritarismus-Studie.


Die Forschung am WSI der letzten Jahre hat auf empirischer Basis herausgearbeitet, dass sich solche Bedrohungs- und Verlustgefühle aus geringer oder fehlender materieller, sozialer und demokratischer Teilhabe speisen. „Alle drei Dimensionen von gesellschaftlicher Teilhabe sind relevant und stehen mit anti-demokratischen Einstellungen in Zusammenhang“, betont Kohlrausch. „Unsere Befragungsdaten zeigen, dass unter Menschen, die zur Wahl der AfD tendieren, solche subjektiven Bedrohungs- und Verlusterfahrungen überdurchschnittlich verbreitet sind.“


So finden sich in den unteren Einkommensgruppen besonders viele Wähler*innen der AfD. „Oft verbinden sich Bedrohungs- und Verlustgefühle dann mit migrationskritischen bis -feindlichen Stereotypen, die insbesondere AfD-Stammwähler*innen sehr oft vertreten. Der AfD gelingt es im aktuellen politischen Diskurs erfolgreich, oben-unten Konflikte in innen-außen Konflikte umzudeuten.“


Personen mit großen wirtschaftlichen Sorgen wollen deutlich häufiger AfD wählen
Es sei auch deshalb besonders problematisch, dass gerade Menschen mit niedrigeren Einkommen im Zuge der Corona-Krise und der Teuerung infolge des Kriegs in der Ukraine überproportional belastet wurden, was zu einem massiven Anstieg finanzieller Sorgen in diesen Einkommensgruppen führte, analysiert Kohlrausch. Das ergeben unter anderem die regelmäßigen Auswertungen der Erwerbspersonenbefragung der Hans-Böckler-Stiftung.


Personen mit großen wirtschaftlichen Sorgen und Belastungen wiederum wollen häufiger AfD wählen – je nach spezifischer Fragestellung waren etwa die Anteile bei der Befragungswelle vom Juli 2023 unter mehr als 5000 Erwerbstätigen und Arbeitsuchenden teilweise doppelt so hoch wie bei Wähler*innen anderer Parteien. Ebenfalls bedeutsam für Verunsicherungen, die antidemokratische Einstellungen triggern können, ist das Gefühl mit den „rasenden“ gesellschaftlichen Veränderungen dieser Zeit nicht mithalten zu können. Diese Veränderungen bergen neben materiellen Bedrohungen auch die Gefahr des Verlustes sozialer Anerkennung.


„Dies geschieht zum Beispiel, wenn Wissen und Können, welches im Laufe eines Lebens angeeignet wurde, an Bedeutung verliert oder gar nicht mehr gefragt ist. Wer jahrelang stolz darauf war, am Diesel gebaut zu haben und jetzt plötzlich nur noch klimafeindliche Technik von gestern produziert, der sieht eben nicht nur den Arbeitsplatz bedroht, sondern auch den eigenen Stolz – vielleicht sogar den einer ganzen Region“, schreibt WSI-Direktorin Kohlrausch.


Besonders problematisch ist dies, wenn Menschen den Eindruck haben, nicht zu verstehen, wie und warum sich die Gesellschaft verändert und dass sie die Auswirkungen dieser Veränderungen auf ihren konkreten (Arbeits-)Alltag nicht mitgestalten können. Menschen, die das Gefühl haben, dass ihnen die aktuellen gesellschaftlichen Veränderungen „einfach passieren“, sie aber keinerlei Einfluss auf deren Gestaltung haben, neigten eher zur antidemokratischen Einstellung. Dies betreffe nicht zuletzt die Auswirkung von Digitalisierung und sozial-ökologischem Wandel auf den konkreten Arbeitsalltag, so Kohlrausch.


Tarifautonomie und Mitbestimmung als Ressourcen der Demokratie
„Die multiplen Krisen dieser Zeit und die großen gesellschaftlichen Veränderungen wie die Digitalisierung, die Dekarbonisierung und der demographische Wandel haben zur Folge, dass sich Verteilungskonflikte einerseits zuspitzen und anderseits zentrale gesellschaftliche Fragen neu ausgehandelt werden müssen“, erklärt die Soziologin. Ein zentraler Aushandlungsort ist laut Kohlrauschs Analyse nach wie vor der Betrieb. Faktoren wie die Tarifautonomie oder das Betriebsverfassungsgesetz bestimmten ebenso wie soziale Schutzrechte für Beschäftigte den formalen Rahmen dieses Aushandlungsprozesses – und seien daher wichtige Ressourcen auch für die politische Demokratie.


„Sie sorgen dafür, dass im betrieblichen Kontext trotz des genuinen Machtungleichgewichts zwischen Beschäftigen und Arbeitgeber*innen ein Interessenausgleich möglich wird“, so die WSI-Direktorin. In Zeiten großer Transformationsprozesse fokussiere dieser Interessenausgleich nicht nur Fragen der Entlohnung, sondern auch die Gestaltung der Transformation, wenn zum Beispiel über den Einsatz digitaler Technologien am Arbeitsplatz entschieden wird. Untersuchungen, unter anderem des WSI, zeigen, dass Beschäftigte seltener zu anti-demokratischen Einstellungen neigen, wenn dieser Interessenausgleich gelingt.


Konkrete Mitsprachemöglichkeiten im Arbeitsumfeld stärken demokratische Einstellungen und verringern die Wahrscheinlichkeit, AfD zu wählen. So geben beispielsweise in der Böckler-Erwerbspersonenbefragung unter den Wählenden anderer Parteien deutlich mehr Menschen an, Mitspracherechte bei strategischen Entscheidungen am Arbeitsplatz zu haben als Personen, die der AfD zuneigen.


In eine ähnliche Richtung weisen Studien von Forscher*innen der Universitäten Lüneburg und Trier auf Basis des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP). Danach sind Beschäftigte in Betrieben mit Betriebsrat im Schnitt zufriedener mit der Demokratie in Deutschland als diejenigen ohne Mitbestimmung. Und: Gibt es in einem Betrieb eine Arbeitnehmervertretung, tendiert die Belegschaft weniger zu rechtsradikalen Parteien. Für die meisten Menschen ist Erwerbsarbeit die wesentliche Grundlage ihrer materiellen Absicherung und zwar sowohl im Hinblick auf die Entlohnung als auch auf die soziale Absicherung im Falle von Erwerbsunfähigkeit oder im Alter. Darüber hinaus ist Erwerbsarbeit eine wichtige Ressource sozialer Anerkennung, konstatiert Kohlrausch.


Beide Aspekte korrelierten mit Wahl oder Nichtwahl der AfD. „Erwerbspersonen, denen ihre Arbeit langfristig ein sicheres und ausreichendes Einkommen garantiert, wählen seltener AfD. Solidarität, Stolz auf die eigene Leistung (Produktionsstolz) aber auch die Anerkennung dieser durch Kolleg*innen und Vorgesetze sind wesentliche Aspekte sozialer Anerkennung. Wer diese im Rahmen der eigenen Erwerbsarbeit erfährt, wählt seltener AfD“, schreibt die WSI-Direktorin. Trotz derartiger Befunde werde in der Debatte über das Erstarken anti-demokratischer Einstellungen und rechtsextremer Parteien die Bedeutung des Betriebs und die Rolle von Erwerbsarbeit häufig vernachlässigt, so Kohlrausch.


Positive, die Demokratie stärkende Elemente müssten sowohl eine ausreichende materielle Absicherung als auch das Erleben sozialer Anerkennung und demokratischer Beteiligungsmöglichkeiten umfassen. Hierzu gehöre zunächst, die Primärverteilungsfunktion des Arbeitsmarktes zu stärken, um Beschäftigten materiell angemessen abzusichern. Die Stärkung der Tarifbindung identifiziert die Soziologin als einen wichtigen Baustein dafür. Ebenso wichtig sei es, Beschäftigten Mitsprachemöglichkeiten einzuräumen, wenn es darum geht, Transformationsprozesse im Betrieb zu gestalten.


Eine Ausweitung der betrieblichen Mitbestimmung auf mehr Betriebe – aktuell haben nur rund 43 Prozent der Beschäftigten in Deutschland einen Betriebs- oder Personalrat an ihrer Seite – sei hierfür nur ein erster Schritt. „Damit sich betriebliche Mitbestimmung auch in reale Teilhabemöglichkeiten von Beschäftigten übersetzt, brauchen Betriebsräte mehr Rechte, um die aktuellen Veränderungen mitgestalten zu können, zum Beispiel im Hinblick auf Digitalisierung oder Qualifizierung, die eine wichtige Voraussetzung ist, um mit den Veränderungen der Arbeitswelt mithalten zu können.


Hierfür braucht es eine grundlegende Reform des Betriebsverfassungsgesetzes“, so Kohlrausch. Eine von arbeitsrechtlichen Expert*innen der Gewerkschaften, der Hans-Böckler-Stiftung sowie der Universitäten Göttingen und Bremen vorgeschlagene Neufassung sehe übrigens auch vor, Beschäftigten, eine Stunde Demokratiezeit in der Woche einzurichten, betont Kohlrausch. „Eine funktionierende Sozialpartnerschaft ist eine wichtige Säule der Demokratie, denn im Betrieb ist Demokratie immer in Arbeit.“


Regional ist Trumpf: Duisburger Anleger setzen auf Unternehmen aus der eigenen Region

 eToro-Daten zeigen die große Bereitschaft von Kleinanlegern, lokale Unternehmen zu unterstützen Nutzer in Nürnberg halten viermal so häufig Aktien von Schaeffler wie der Durchschnittsnutzer


Duisburg, 12. März 2024 - In Frankfurt am Main lebende Kunden sind dreimal eher in den Flughafenbetreiber Fraport investiert 12. März 2024 – Deutsche Kleinanleger investieren bis zu viermal häufiger in ein Unternehmen mit einer großen Präsenz in ihrer Stadt als Anleger aus anderen Regionen. Das belegt eine aktuelle Auswertung der Trading- und Investment-Plattform eToro. Die Daten zeigen, dass die räumliche Nähe eines Anlegers zu einem Unternehmen einen großen Einfluss darauf haben kann, ob er in ein Unternehmen investiert oder nicht.


Zum Beispiel halten nur 0,5 Prozent der deutschen eToro-Anleger Aktien der Schaeffler Gruppe, die in Nürnberg mit zwei Tochtergesellschaften vertreten ist. Bei den in Nürnberg ansässigen Anlegern steigt dieser Anteil jedoch auf 2,3 Prozent und liegt damit mehr als viermal so hoch wie in Deutschland insgesamt. Die Daten von eToro machen deutlich, dass ein ähnlicher Trend in nahezu allen deutschen Großstädten zu beobachten ist. So sind im Vergleich zum Rest des Landes in Frankfurt am Main ansässige Anleger deutlich überdurchschnittlich stark in den Flughafenbetreiber Fraport investiert (dreimal so viele wie in Deutschland insgesamt).


In Hamburg hingegen sind 1,2 Prozent der lokalen Investoren am Kupferproduzenten Aurubis beteiligt, der in der Hansestadt seinen Sitz hat. Aufs ganze Land gesehen haben jedoch nur 0,6 Prozent der eToro-Anleger die Aktie im Portfolio. Auch in Essen lässt sich dieses Phänomen beobachten: Die hier lebenden Anleger sind weitaus eher bereit, in den Baukonzern Hochtief zu investieren, der in der Stadt seinen Hauptsitz hat (mehr als doppelt so hoch).


Ein weiteres Beispiel ist Düsseldorf: Hier sind die örtlichen eToro-Anleger bei dem in der Stadt ansässigen Wasch- und Reinigungsmittelhersteller Henkel mehr als doppelt so oft investiert. Das Gleiche gilt für Anleger in Köln für den Spezialchemie-Konzern Lanxess. Hier ist der Anteil zweimal so hoch wie in Deutschland insgesamt. „Eine der Grundregeln für gute Investitionen ist, auf das zu setzen, was man kennt und versteht. Und unsere Auswertung zeigt klar, dass deutsche Anleger diesen Rat befolgen, wenn es um die Zusammenstellung ihrer eigenen Portfolios geht“, sagt Ben Laidler, Global Markets Strategist bei eToro.


Die räumliche Nähe und Präsenz wirke sich unmittelbar auf die Kaufbereitschaft aus. Die Menschen investierten viel eher in Unternehmen, die in ihrer eigenen Region oder Stadt bekannt seien. „In den letzten Jahren hat sich in der Gesellschaft ein Trend zum „Kauf vor Ort“ entwickelt, bei dem die Verbraucher lokale Produkte gegenüber Waren bevorzugen, die weit entfernt von ihrem Wohnort produziert werden.


Ein ähnlicher Trend zeichnet sich auch bei der Geldanlage ab“, ergänzt Laidler. Der Kauf von Aktien eines bestimmten Unternehmens habe sich zu einer sozialeren, gemeinschaftsorientierten Aktivität entwickelt: „Die Anleger wollen nicht nur, dass ihr Investment Geld einbringt, sondern auch, dass sie ihre eigene Persönlichkeit und ihr Umfeld widerspiegelt, weshalb wir diese Korrelation beobachten."



Quelle: eToro-Platform, Stand Januar 2024

Immobilienmarkt 2023 für Duisburg: Resilienz und Dynamik in Zeiten des Wandels

Duisburg, 7. März 2024 - „Die klimagerechte Transformation auf dem Duisburger Immobilienmarkt ist in vollem Gange. Die Zahlen für 2023 sind weder Grund zur Sorglosigkeit noch zur übertriebenen Besorgnis. Der Markt ist in den wichtigsten Assetklassen stabil, aber wir brauchen dringend mehr konkrete Anreize für die Wiederbelebung der Neubautätigkeit.“ (Rasmus C. Beck, Geschäftsführer Duisburg Business & Innovation)

Hotel-Neubau auf dem Mercator-Quartier: Das Premier Inn soll im Frühjahr 2025 eröffnen - nachfolgende Immobilen-Fotos Ilja Höpping - Stadt Duisburg

Logistikimmobilien: mit über 60.000 m² neu fertiggestellter Fläche Zehnjahresdurchschnitt übertroffen
Büroimmobilien: mit 71.000 m² Flächenumsatz beweist der Markt Resilienz.
Geringe Leerstandsquote von nahe 3% zeigt aber hohen Bedarf für Modernisierung und Neubau
Wohnimmobilien: mit gestiegenen Neubaumieten um 4,8 % auf 11,00 €/m² und Kaufpreisen für Neubau-Eigentumswohnungen um 2,8 % auf 3.700 €/m²
insgesamt hohe Nachfrage nach Immobilien in Top-Lagen


Duisburg, 7. März 2024 - Der Immobilienmarktbericht 2023 für Duisburg, den die Stadt Duisburg gemeinsam mit der Wirtschaftsentwicklung Duisburg Business & Innovation (DBI) veröffentlicht, liefert einen umfassenden und unabhängigen Überblick über die Entwicklung der Immobilienmärkte in der Stadt und stellt signifikante Trends und Analysen vor. Trotz eines herausfordernden Jahres zeigt der Markt Stabilität und Widerstandsfähigkeit.

Sören Link, Oberbürgermeister der Stadt Duisburg, sieht die Positionierung des Standorts klar: „Der Bericht über den Immobilienmarkt 2023 zeigt, dass Duisburg trotz zahlreicher Herausforderungen zuversichtlich nach vorne schauen kann. Wir sind ein wichtiger Knotenpunkt für Logistik mit dem größten Binnenhafen der Welt. Die klimagerechte Transformation der Industrie findet hier statt und wird flankiert von zahlreichen Investitionen. Diese langfristige Entwicklung wird auch dem Immobilienstandort Duisburg eine Perspektive bieten. Wir haben als Stadt Duisburg sehr konkrete Pläne für neue urbane Strategien – sowohl in der Revitalisierung als auch im Neubau von Immobilien.“

Das Quartier 1 am Duisburger Hauptbahnhof mit dem Neubau der Novitas BKK.

„Die klimagerechte Transformation auf dem Duisburger Immobilienmarkt ist in vollem Gange. Die Zahlen für 2023 sind weder Grund zur Sorglosigkeit noch zur übertriebenen Besorgnis“, ordnet DBI-Geschäftsführer Rasmus C. Beck die Ergebnisse ein, „der Markt ist in den wichtigsten Assetklassen stabil, aber wir brauchen dringend mehr konkrete Anreize für die Wiederbelebung der Neubautätigkeit.“

Wirtschaftsdezernent Michael Rüscher betont Entwicklungen und Chancen: „In Duisburg transformieren wir in den kommenden Jahren tausende Wohnungen und bauen neue Büroflächen, auch unter den derzeit herausfordernden Bedingungen. Dank moderater 2 Preisniveaus und der strategischen Lage im Ruhrgebiet eröffnen sich hier vielversprechende Perspektiven in allen Assetklassen. Als Stadt Duisburg sind wir zusammen mit unseren Partnern aus der Immobilienwirtschaft fest entschlossen, diesen Wandel aktiv und zukunftsorientiert zu gestalten.“



„Duisburg bietet eine lebenswerte und nachhaltige Zukunft durch innovative, umwelt- und klimafreundliche Initiativen“, lenkt Bernd Wortmeyer, Geschäftsführer der kommunalen Baugesellschaft GEBAG, den Blick auf die Zukunftsquartiere: „Mit Projekten wie Urban Zero, dem Technologie-Quartier-Wedau und 6-Seen-Wedau schaffen wir Anziehungskraft: Sowohl für Investorinnen und Investoren als auch für Duisburgerinnen und Duisburger – egal, ob alteingesessen oder neu hinzugezogen. Gemeinsam wollen wir Duisburg zu einem Vorreiter moderner und verantwortungsbewusster Städte machen.“

V.l.: Team Duisburg: Bernd Wortmeyer, Geschäftsführer GEBAG, Rasmus C. Beck, Geschäftsführer Duisburg Business & Innovation, Sören Link, Oberbürgermeister der Stadt Duisburg, und Michael Rüscher, Wirtschaftsdezernent der Stadt Duisburg. Foto: Tanja Pickartz/Stadt Duisburg


Highlights der Assetklassen Logistikimmobilien übertrafen mit über 60.000 m² neu fertiggestellter Logistikfläche den Zehnjahresdurchschnitt. 2023 markiert damit das höchste Neubauvolumen seit dem Rekordjahr 2017. Die zentrale Rolle Duisburgs in der Logistikregion Rhein-Ruhr, unterstützt durch den größten Binnenhafen der Welt, unterstreicht die Nachfrage in diesem Segment. Büroimmobilien trotzen mit einem Flächenumsatz von 71.000 m² dem allgemeinen Einbruch.


Duisburg bestätigt seine Position mit dem drittgrößten Büroflächenbestand in der Metropole Ruhr von rund 2,3 Mio. m² MF-GIF. Die Leerstandsquote nahe 3 % zeugt von einem zunehmend verknappten Angebot. Trotz lediglich leicht unterdurchschnittlichen Neubauvolumens von 15.800 m² im Vergleich zum Zehnjahresdurchschnitt steigt der Druck einer Neubauoffensive mit modernen und nachhaltigen Flächen. Der Wohnimmobilienmarkt in Duisburg fungiert als Bindeglied zwischen Düsseldorf und dem Ruhrgebiet, mit einer starken Nachfrage nach hochwertigen Immobilien in zentralen Lagen.


Die Neubaumieten stiegen im Durchschnitt um 4,8 % auf 11,00 Euro/m², die Kaufpreise für Eigentumswohnungen im Neubau um 2,8 % auf 3700 Euro/m². Fazit und Ausblick: Der Immobilienmarkt Duisburgs steht trotz konjunktureller und globaler Herausforderungen stabil da. Die Diversität und Anpassungsfähigkeit der Marktsegmente belegen die Stärke und das Potenzial der Stadt als Wirtschafts- und Wohnstandort. Die Notwendigkeit, sich nachhaltig aufzustellen, genießt hohe Priorität.


Über den Duisburger Immobilienmarktbericht: Methodik und Akteure
Der Ganzjahresbericht zum Duisburger Immobilienmarkt 2023 dokumentiert die Entwicklung sämtlicher Immobilientypen in Duisburg. Die Informationen und Daten zum Immobilienmarkt wurden von lokalen Experten am runden Tisch ermittelt, den die DBI im Jahr 2021 als dauerhafte Institution ins Leben gerufen hatte. Regionale, in Duisburg engagierte Immobilienakteure sowie die Daten aus der Marktbeobachtung und der Validierung der Marktanalysten der bulwiengesa AG aus Essen tragen zum Ergebnis bei. Zum ausführlichen Bericht: https://www.duisburg-business.de/immobilienmarktbericht


 *MFG = Mietflächenermittlung nach gif für gewerblichen Raum (gif: Gesellschaft für Immobilienwirtschaftliche Forschung – Berechnungsgrundlage für Gewerbeimmobilienflächen); **NF = Nutzfläche


Trauer um Gabriela Grillo - Duisburger Unternehmerin im Alter von 71 Jahren verstorben

Duisburg, 27. Februar 2024 - Gabriela Grillo, geschäftsführende Gesellschafterin der Wilhelm Grillo Handelsgesellschaft mbH und Mitglied des Aufsichtsrats der Grillo-Werke AG, ist im Alter von 71 Jahren plötzlich und unerwartet gestorben.
Dazu äußert sich Dr. Stefan Dietzfelbinger, Hauptgeschäftsführer der Niederrheinischen IHK: „Wir sind zutiefst getroffen von dieser traurigen Nachricht. Gabriela Grillo /(Archivbild) Foto: Niederrheinische IHK/Michael Neuhaus) war eine herausragende Persönlichkeit an Rhein und Ruhr.

Sie hat die Wirtschaft in der Region beispielgebend geprägt. Wir kennen sie als tatkräftiges Mitglied unserer IHK-Vollversammlung, des Präsidiums und war ständige Vertreterin des IHK-Präsidenten eng verbunden und zu großem Dank verpflichtet.

 

Ihr besonderes Augenmerk, ihr Einsatz und ihr Herzblut galten stets den Schwächeren der Gesellschaft, vor allem jungen Menschen. Als Beiratsmitglied unseres Duisburger Schulmodells engagierte sie sich für benachteiligte Jugendliche. Ihr Einsatz für ihre Heimatstadt Duisburg, Sitz ihres traditionsreichen und bedeutenden Familienunternehmens Grillo bleibt vorbildlich. Wir verlieren eine große und herzensgute, besonders liebenswürdige Unternehmerin. Unser Beileid und unsere Anteilnahme gelten der Familie und den Hinterbliebenen.“

Gabriela Grillo lebte in Mülheim und wurde 1976 in Montreal im Mannschafts-Dressurreiten mit Harry Boldt und Reiner Klimke Olympiasiegerin. Sie war auch journalistisch (Fachmagazin "Reiten und Fahren") aktiv. Ehrenamtlich war sie im Reiter- und Fahrerverband im Vorstand vertreten.



- Politische Entscheidungen verteuern den Strompreis
- Mehr Tempo beim Klimaschutz - IHK und Stadt Duisburg starten Initiative

Politische Entscheidungen verteuern den Strompreis  
Duisburg, 15. Februar 2024 - Die Bundesregierung hat entschieden, staatliche Entlastungen für Verbraucher einzustellen. Dazu zählen nicht nur die Energiepreisbremsen, sondern auch die Zuschüsse zu den Netzentgelten für die Übertragungsnetzbetreiber. Die Netzentgelte und die damit verbundene § 19 StromNEV-Umlage gehören zu den Preisbestandteilen, die die Stadtwerke Duisburg nicht beeinflussen können, aber verpflichtet sind, diese über den Strompreis einzufordern und dann weiterzuleiten.


Aufgrund der politischen Entscheidungen müssen die Stadtwerke Duisburg den Stromtarif in der Grundversorgung ab dem 1. April anpassen. Der Arbeitspreis für eine Kilowattstunde (kWh) erhöht sich aufgrund der gestiegenen Netzentgelte und Umlagen um 1,8 Cent auf 35,54 Cent je kWh. Der jährliche Grundpreis steigt um 17,85 Euro auf 177,46 Euro. Ein Haushalt mit einem durchschnittlichen Jahresverbrauch von 2000 kWh zahlt damit pro Jahr 888,26 Euro pro Jahr. Das entspricht monatlichen Mehrkosten von rund 4,50 Euro für einen Durchschnittshaushalt.  


Mehr Tempo beim Klimaschutz - IHK und Stadt Duisburg starten Initiative  
Duisburg setzt ein starkes Signal für eine nachhaltige Zukunft. Die Niederrheinische IHK und die Stadt haben in einer gemeinsamen Initiative den Klimapakt Duisburg ins Leben gerufen. 30 Unternehmen und Verbände unterzeichneten die Vereinbarung bereits. So wollen sie gemeinsam daran arbeiten, die grüne Transformation zu beschleunigen und mit gutem Beispiel vorangehen.  


„Unsere Industrie muss sich wandeln. Das ist ein hartes Stück Arbeit. Wenn wir aber so engagiert weitermachen und uns der Wandel gelingt, wird Duisburg mehr zum Klimaschutz beitragen als viele andere Standorte in Deutschland. Dafür müssen alle Partner an einem Strang ziehen, ihre Aktivitäten bündeln und Erfolge stärker sichtbar machen“, betonte IHK-Präsident Werner Schaurte-Küppers. Die Stadt selbst will bis 2035 klimaneutral werden. Oberbürgermeister Sören Link machte deutlich: „Wir wollen die klima-freundlichste Industriestadt Deutschlands werden. Der Pakt ist wichtig, damit wir dieses Ziel erreichen. Außerdem können wir nur zusammen Duisburgs Vorreiterrolle bei der Transformation der Industrie stärken.“  


Dabei ist besonders die Stahlbranche ausschlaggebend. „Der Klimapakt Duisburg mit seinen ambitionierten Klimaschutzzielen ist ein starkes und wichtiges Signal, dass wir als Stahlunternehmen und größter Arbeitgeber in Duisburg aus voller Überzeugung unterstützen. Es liegt an uns, unseren starken industriellen Kern und unsere vielfältige Wirtschaft wettbewerbsfähig, resilient und klimafreundlich umzubauen“, erklärt Bernhard Osburg, Vorstandsvorsitzender von Thyssenkrupp Steel Europe (TKSE).  


Im nächsten Schritt sollen weitere Teilnehmer für die Initiative gewonnen werden. Dazu entwickeln die Partner ein Netzwerk und ermitteln, was die Akteure brauchen. Darüber hinaus sollen die zahlreichen schon vorhandenen Angebote auf einer zentralen Webseite sichtbar gemacht und enger miteinander verzahnt werden. Interessierte Unternehmen oder Institutionen, die sich beteiligen wollen oder Infos möchten, können sich gerne an Susann Ulbricht über die ulbricht@niederrhein.ihk.de wenden.    

V.l.: DBI-Geschäftsführer Rasmus C. Beck, Duisburger Umweltdezernentin Linda Wagner, Duisburger Oberbürgermeister Sören Link, Thyssen-Vorstandsvorsitzender Bernhard Osburg, IHK-Präsident Werner Schaurte-Küppers und IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Stefan Dietzfelbinger beschließen den Klimapakt.   Foto: Niederrheinische IHK/Bettina Engel-Albustin  


Reale Tariflöhne aktuell nur noch auf dem Niveau von 2016, trotz Kaufkraftsicherung
2023 – Experte erwartet „offensive Tarifrunde“

Jahresbilanz des WSI-Tarifarchivs 

Düsseldorf/Duisburg, 14. Februar 2024 - Durch die starke Inflation in den vergangenen Jahren sind die realen Tariflöhne in Deutschland im Durchschnitt auf das Niveau von 2016 zurückgefallen. Die Kaufkraft der Tarifbeschäftigten lag Ende 2023 im Mittel sechs Prozentpunkte niedriger als 2020, was eine Folge der drastischen Reallohnverluste 2021 und insbesondere 2022 ist. Im vergangenen Jahr konnte die weiterhin hohe Inflation immerhin weitgehend ausgeglichen werden: Die Tariflöhne in Deutschland stiegen nominal gegenüber dem Vorjahr um durchschnittlich 5,5 Prozent.


Die Zuwachsrate ist damit mehr als doppelt so hoch wie 2022, als die Tariflöhne lediglich um 2,7 Prozent wuchsen. Bereinigt um die Inflation von 5,9 Prozent ergibt sich hieraus ein durchschnittlicher Rückgang der tarifvertraglich vereinbarten Reallöhne von 0,4 Prozent im Jahr 2023

In dieser Berechnung kann die Wirkung der in vielen Branchen vereinbarten steuer- und abgabenfreien Inflationsausgleichsprämien allerdings nicht in vollem Umfang berücksichtigt werden. Bei einem Teil der Beschäftigten dürfte die finanzielle Bilanz daher positiver ausfallen (mehr unten).


Das ergibt der neue Tarifpolitische Jahresbericht, in dem das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung das Tarifjahr 2023 analysiert und einen Ausblick auf 2024 gibt.* „Es ist ein wichtiger Schritt, dass die Kaufkraft der Tarifbeschäftigten 2023 im Mittel weitgehend gesichert werden konnte,“ sagt der Leiter des WSI-Tarifarchivs, Prof. Dr. Thorsten Schulten. „Um jedoch auch die massiven Reallohnverluste der beiden Vorjahre ausgleichen zu können, sind in den kommenden Tarifrunden kräftige Reallohnsteigerungen notwendig. Das ist auch wichtig, um die schwache Konjunkturentwicklung in Deutschland zu stabilisieren.“


Dass die Inflationsrate nach Einschätzung der meisten Fachleute in diesem Jahr auf zwei bis drei Prozent sinken wird, erleichtere zwar die Durchsetzung von realen Lohnzuwächsen. Trotzdem erwartet Schulten 2024 eine „offensive Tarifrunde“, die auch von Arbeitskämpfen geprägt sein dürfte. „Der Druck ist groß, nachdem für viele Beschäftigte preisbereinigt die Einkommens-Verbesserungen eines halben Jahrzehnts verloren gegangen sind“, sagt der Forscher. „Die Härte der Verhandlungen wird vor allem davon abhängen, inwieweit die Arbeitgeber bereit sind, das Interesse ihrer Beschäftigten an Reallohnzuwächsen anzuerkennen.“


Insgesamt haben die DGB-Gewerkschaften in der Tarifrunde 2023 für rund 6,3 Millionen Beschäftigte neue Tarifverträge abgeschlossen. Verhandelt wurde unter anderem im öffentlichen Dienst, bei der Deutschen Bahn, der Deutschen Post sowie in unzähligen kleineren Tarifbereichen. Für weitere 9,2 Millionen Beschäftigte traten 2023 Lohnerhöhungen aus Tarifabschlüssen in Kraft, die bereits 2022 oder früher vereinbart worden waren. Darunter waren auch große Branchen wie die chemische Industrie oder die Metall- und Elektroindustrie. Die Laufzeiten der im Jahr 2023 neu abgeschlossenen Tarifverträge betrugen im Durchschnitt 23,3 Monate. 


Zahlreiche Streiks mit hoher Beteiligung Vor dem Hintergrund anhaltend hoher Inflationsraten lagen die Forderungen der Gewerkschaften 2023 deutlich über denen des Vorjahres. Sie reichten von 8 Prozent in der westdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie bis zu 15 Prozent bei der Deutschen Post. In vielen Branchen wurde zudem eine soziale Komponente gefordert, meist in Form eines zusätzlichen festen Betrags. Eine Einigung konnte teilweise erst nach umfangreichen Warnstreiks erzielt werden.


Bei der Deutschen Post wurde sogar eine Urabstimmung für einen unbefristeten Erzwingungsstreik durchgeführt, bevor kurz vor Streikbeginn doch noch ein Abschluss erzielt werden konnte. Im öffentlichen Dienst (Bund und Gemeinden) sowie in der Tarifrunde der EVG bei der Deutschen Bahn konnte hingegen erst im Rahmen von Schlichtungsverfahren ein Kompromiss gefunden werden. Die Gewerkschaft Verdi berichtete für ihren Bereich von insgesamt 140 Streiks, an denen sich über 300.000 Mitglieder beteiligt haben. Die Gewerkschaft NGG meldete sogar einen neuen Rekord von mehr als 400 Streiks.


Beschäftigte mit geringem Einkommen profitieren
Die Tarifabschlüsse des Jahres 2023 zeichnen sich nach Schultens Analyse durch drei Merkmale aus: Erstens erhielten die Beschäftigten in fast allen großen Branchen sogenannte Inflationsausgleichsprämien. Dabei handelt es sich um steuer- und abgabenfreie Einmalzahlungen, die den Beschäftigten im Vergleich zu einer regulären Tariferhöhung einen höheren Nettolohn und den Arbeitgebern niedrigere Arbeitskosten bescheren.


Zweitens traten die tabellenwirksamen Lohnerhöhungen in Kombination mit den Inflationsausgleichsprämien häufig relativ spät in Kraft. Bei der Deutschen Post und im öffentlichen Dienst werden sie beispielsweise erst im Laufe des Jahres 2024 wirksam. Drittens verzeichneten die unteren Lohngruppen in den meisten Branchen überproportionale Lohnzuwächse. Dies liegt zum einen an den Inflationsausgleichsprämien, die einen Pauschalbetrag enthalten, der die unteren Lohngruppen besonders begünstigt. Zum anderen wurden in vielen Tarifabschlüssen prozentuale Lohnerhöhungen mit festen Mindestbeträgen kombiniert, von denen Beschäftigte mit geringem Einkommen ebenfalls besonders profitieren. 


Inflationsausgleichsprämien: Kurzfristig erhebliche Entlastung, aber nicht von Dauer
Unter Berücksichtigung der neu abgeschlossenen Tarifverträge und der bereits in den Vorjahren vereinbarten Tariferhöhungen sind die nominalen Tariflöhne im Jahr 2023 um durchschnittlich 5,5 Prozent gestiegen. Dabei schlugen die Neuabschlüsse mit durchschnittlich 6,2 Prozent zu Buche, während es bei den älteren 5,1 Prozent waren.

 



Da die Steuer- und Abgabenersparnisse bei den Inflationsausgleichsprämien, je nach Steuerklasse und Haushaltskontext, sehr unterschiedlich ausfallen, sind sie in diesen Berechnungen zur durchschnittlichen Tariflohnentwicklung lediglich als Bruttoeinmalzahlungen berücksichtigt. Wenn man, als zusätzliche Annäherung an ihre Wirkung, eine durchschnittliche Steuer- und Abgabenersparnis für die Inflationsprämie in einigen großen Tarifbranchen ansetzt, ergäbe sich für 2023 eine durchschnittliche nominale Tariferhöhung, die mit 6,2 Prozent geringfügig über der Inflation von 5,9 Prozent liegt.


„Die steuer- und abgabenfreien Inflationsausgleichsprämien haben dazu beigetragen, dass Reallöhne für einen Teil der Beschäftigten nicht nur gesichert, sondern auch angehoben werden konnten. Eine wichtige kurzfristige Entlastung angesichts der Preisschocks, die durch den russischen Angriff auf die Ukraine verursacht wurden“, sagt Schulten. Allerdings habe das Instrument auch eine Kehrseite: „Da es sich hierbei um Einmalzahlungen handelt, wirken sie sich mit ihrem Auslaufen in den Folgejahren stark dämpfend auf die Lohnentwicklung aus.“


In den meisten Branchen sind die Tariflöhne im Jahr 2023 zwischen 4,4 Prozent und 7,4 Prozent gestiegen. Deutlich höhere Zuwächse gab es in einigen klassischen Niedriglohnbranchen. Sie profitierten von der kräftigen Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auf zwölf Euro, in deren Folge auch die Tariflöhne in einigen Branchen nach oben angepasst wurden. So verzeichnete die Landwirtschaft mit einem nominalen Plus von 10,0 Prozent die höchsten Zuwächse. Auch im Gastgewerbe, in dem sich die Arbeitgeber während der Corona-Pandemie rund eineinhalb Jahre fast vollständig den Tarifverhandlungen verweigert hatten, gab es überdurchschnittliche Verbesserungen: Nach starken Steigerungen im Vorjahr 2023 erneut ein Plus von 9,5 Prozent.


Auf den ersten Blick erscheint der Anstieg der Tariflöhne 2023 außergewöhnlich hoch. Seit Anfang der 2000er-Jahre schwankten die nominalen Zuwächse nur zwischen 1,5 Prozent und 3,1 Prozent. Allerdings war die Inflationsrate in diesem Zeitraum nie so hoch wie in den letzten beiden Jahren. Trotz der hohen Tarifabschlüsse im Jahr 2023 liegt die Kaufkraft der Beschäftigten immer noch deutlich unter dem Vorkrisenniveau, wie ein längerfristiger Vergleich zeigt: Während die Tariflöhne in den 2000er Jahren real stagnierten, erlebten sie in den 2010er Jahren einen kontinuierlichen Anstieg.


Preisbereinigt lagen die durchschnittlichen Löhne der Tarifbeschäftigten dadurch im Jahr 2020 um 21 Prozent höher als 2000. 2021 und 2022 sind die realen Tariflöhne durch die Preisschocks gegenüber diesem Höchststand dann aber wieder um sechs Prozentpunkte gesunken, so dass sie heute nur noch auf dem Niveau des Jahres 2016 liegen (Abbildung 1). Arbeitszeitverkürzung bleibt Thema Angesichts der starken Kaufkraftverluste ging es 2023 nach der WSI-Analyse in den meisten Verhandlungen in erster Linie um höhere Löhne, was aber nicht heißt, dass andere Fragen keine Rolle spielten. In der Eisen- und Stahlindustrie war die Arbeitszeit ein wichtiges Thema.


Die IG Metall forderte eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit von 35 auf 32 Stunden bei vollem Lohnausgleich, möglichst verteilt auf vier Arbeitstage. Im Ergebnis wurde ein neuer Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung vereinbart, der sowohl Möglichkeiten der kollektiven als auch der individuellen Arbeitszeitverkürzung enthält. Schon vor der Corona-Pandemie ging es in vielen Branchen um die Einführung von Wahloptionen, die es Beschäftigten ermöglichen, zwischen mehr Entgelt, kürzerer Arbeitszeit und anderen Sozialleistungen zu wählen.


Darüber hinaus wurde vor allem in Ostdeutschland auch über eine kollektive Verkürzung der Wochenarbeitszeit verhandelt, um den in vielen Bereichen noch bestehenden Abstand zum niedrigere westdeutschen Arbeitszeitniveau zu reduzieren. Während in Westdeutschland die durchschnittliche tarifliche Wochenarbeitszeit in den letzten beiden Jahrzehnten weitgehend konstant geblieben ist, ist in Ostdeutschland in jüngster Zeit ein Trend zu etwas kürzeren Arbeitszeiten zu beobachten. Im Durchschnitt müssen die ostdeutschen Tarifbeschäftigten mit 38,6 Stunden pro Woche aber immer noch knapp eine Stunde länger arbeiten als ihre westdeutschen Kolleg*innen mit 37,6 Stunden. 


„Erheblicher Nachholbedarf“ dürfte Tarifrunde 2024 prägen Zwischen Dezember 2023 und Dezember 2024 laufen nach WSI-Daten von den DGB-Gewerkschaften vereinbarte Vergütungstarifverträge für knapp 12 Millionen Beschäftigte aus (siehe auch den Link zum Kalender unten). Unter anderem stehen Verhandlungen in der Metall- und Elektroindustrie, der Chemischen Industrie und im Bauhauptgewerbe an. Zum Jahresende laufen die Tarifverträge im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen aus. Damit ist das Tarifjahr 2024 bereits rein quantitativ ein Schwergewicht. Die Tarifrunde werde aus mindestens zwei Gründen „im Zeichen deutlicherer Reallohnzuwächse stehen“, erwartet Tarifexperte Schulten. „Zum einen haben die Tarifbeschäftigten einen erheblichen Nachholbedarf, um die hohen Reallohnverluste der Jahre 2021 und 2022 auszugleichen.“


Besonders hoch sei dieser Nachholbedarf in Branchen wie dem Bauhauptgewerbe oder der Deutschen Telekom, deren letzte reguläre Lohnabschlüsse noch in die Zeit vor den hohen Inflationsraten fallen und die unter den großen Tarifbereichen die Tarifrunde 2024 eröffnen werden. Angesichts der schwachen Konjunkturaussichten in Deutschland würden deutliche Reallohnzuwächse darüber hinaus auch ökonomisch einen wichtigen Beitrag zur Stabilisierung der privaten Konsumausgaben leisten, so Schulten.  


DIE KÜNDIGUNGSTERMINE
Mit der Tarifrunde 2023 geht langsam ein besonders intensives Tarifjahr zu Ende, das von teilweise schwierigen und kontroversen Verhandlungen mit umfangreichen Warnstreiks begleitete wurde. In einigen großen Tarifbranchen dauern die Verhandlungen zudem noch an. Dies gilt insbesondere für den Einzelhandel sowie den Groß- und Außenhandel, wo bereits seit mehr als sieben Monaten verhandelt wird. Seit Oktober 2023 finden außerdem Tarifverhandlungen für die Beschäftigten im Öffentlichen Dienst der Länder statt, die bislang ebenfalls kein Ergebnis hervorgebracht haben.


Schließlich haben im November 2023 die Tarifverhandlungen in der Stahlindustrie begonnen, die sich angesichts der kontroversen Ausgangspositionen bis in das Jahr 2024 hinziehen könnten. Zeitgleich werden bereits in vielen Branchen die Vorbereitungen für die Tarifrunde 2024 getroffen. Nach einer aktuellen Auswertung des Tarifarchivs des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung laufen zwischen Dezember 2023 und Dezember 2024 für knapp 12 Millionen Beschäftigte von den DGB-Gewerkschaften vereinbarte Vergütungstarifverträge aus.


Dementsprechend zeichnet sich für die Tarifrunde 2024 folgender Verhandlungszyklus ab: Den Anfang machen Tarifbranchen wie das Bewachungsgewerbe oder die Druckindustrie, gefolgt im Frühjahr vom Bauhauptgewerbe und der Leiharbeitsbranche. Im Juni 2024 laufen die Tarifverträge der Chemischen Industrie und der Systemgastronomie aus. Schließlich starten ab September 2024 auch wieder die Tarifverhandlungen in der Metall- und Elektroindustrie, der größten Tarifbranche in Deutschland.


Erst Ende 2024 laufen die Tarifverträge für den Öffentlichen Dienst bei Bund und Gemeinden aus. Die dortigen Tarifverhandlungen werden dann den Auftakt der Tarifrunde 2025 bilden. Wann in welchen Bereichen die gültigen Tarifverträge auslaufen, zeigt der tarifliche Kündigungsterminkalender des WSI-Tarifarchivs. Einige ausgewählte Beispiele größerer Tarifbranchen (in Klammern: Beschäftigtenzahlen, gerundet auf volle Tausend):


 „Angesichts der Reallohnverluste der letzten Jahre wird auch die Tarifrunde 2024 unter einem hohen Erwartungsdruck der Beschäftigten stehen“, sagt der Leiter des WSI-Tarifarchivs, Prof. Dr. Thorsten Schulten. „Hinzu kommen die eher schwachen Konjunkturaussichten für 2024. All dies deutet daraufhin, dass wir auch im nächsten Jahr eher schwierige Tarifverhandlungen erleben werden“, so der WSI-Experte.




*Thorsten Schulten & das WSI-Tarifarchiv Tarifpolitischer Jahresbericht 2023 Offensive Tarifpolitik angesichts anhaltend hoher Inflationsraten, WSI-Tarifarchiv, Februar 2024  

Kündigungsterminkalender des WSI Wann stehen 2024 in welchen Branchen Tarifverhandlungen an?  

NRW lässt Mittel verfallen: Unverständnis der Wirtschaft IHK

Minister Krischer muss Infrastruktur zur Chefsache machen  

Duisburg, 13. Februar 2024 - Das Land NRW hat 60 Millionen Euro Bundesmittel für den Straßenbau zurückgegeben. Dabei beklagen Politik und Verbände seit Jahren, dass zu wenig Geld in die Infrastruktur fließt. Dazu äußert Dr. Stefan Dietzfelbinger (Foto IHK ), Hauptgeschäftsführer der Niederrheinischen IHK, sein völliges Unverständnis: „Wir haben schon jetzt viele Engpässe und Baustellen. Unsere Brücken sind marode. Die Lage ist dramatisch. Wir erwarten, dass das NRW-Verkehrsministerium alles dafür tut, um das verfügbare Geld zu verwenden. Nur wer fertig geplante Projekte in der Schublade hat, kann die finanziellen Mittel für den Bau nutzen. Hier brauchen wir mehr Tempo.“  


Dass es auch anders geht, zeigt das Jahr 2021: Vor dem Regierungswechsel in NRW hat das Land 434 Millionen Euro vom Bund investiert. Das waren 36 Millionen Euro mehr als vorgesehen. „Unsere Unternehmen haben kein Verständnis für dieses Versäumnis des NRW-Verkehrsministeriums. Wir machen uns große Sorgen, dass Projekte wie der Neubau der Uerdinger Brücke deutlich später fertig werden. Streitereien darüber, wer zuständig ist, helfen nicht weiter. Land und Bund müssen endlich an einem Strang ziehen, die Initiative muss allerdings von NRW ausgehen“, fordert Dietzfelbinger.  


 

EU-Lieferkettengesetz: Deutsche Unternehmen würden von einheitlicher Regelung profitieren

Düsseldorf/Duisburg, 8. Februar 2024 - Das europäische Lieferkettengesetz soll Arbeitsbedingungen und Umweltschutz verbessern. Doch ausgerechnet Deutschland blockiert die Einführung. Grund ist die ablehnende Haltung der FDP in der Bundesregierung. Dabei hätten gerade deutsche Unternehmen keine Nachteile zu befürchten. Denn zum einen haben sie bereits Erfahrungen mit dem vor einem Jahr in Deutschland eingeführten Lieferkettengesetz gesammelt.


Gut zwei Drittel der großen Unternehmen erfüllen schon heute im Wesentlichen dessen Anforderungen. Zum anderen würden deutsche Unternehmen davon profitieren, dass gleiche Spielregeln in ganz Europa gelten. Hinzu kommt: Die geplante Lieferkettenrichtlinie geht zwar teilweise über das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz hinaus; sie sieht zum Beispiel einen erweiterten Anwenderkreis, eine umfassende Definition der Wertschöpfungskette und eine zivilrechtliche Haftung vor. 


Anderseits beinhalten die Entwürfe im Vergleich zum deutschen Gesetz auch Entlastungen für Unternehmen. Dazu gehören unter anderem Erleichterungen bei der Risikoanalyse für Länder mit funktionierendem Rechtssystem, die Möglichkeit einer konsolidierten Erfüllung der Due Diligence, das heißt, die Möglichkeit, die Sorgfaltspflichten in der Lieferkette für alle Konzernbestandteile auf Konzernebene zusammenfassend zu betrachten, oder die gemeinsame Durchführung von Audits. Auch für deutsche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bringt ein Lieferkettengesetz Vorteile, zeigt die Untersuchung von Dr. Judith Beile und Dr. Katrin Vitols von der Unternehmensberatung wmp consult, die von der Hans-Böckler-Stiftung gefördert wurde.*  


„Morgen steht in Brüssel die letzte Abstimmung über das EU-Lieferkettengesetz an, für das Gewerkschaften, NGOs und progressive Parteien seit Jahren kämpfen. Die Studie zeigt, dass das EU-Lieferkettengesetz eine große Chance ist: für Menschenrechte und Umweltschutz über die gesamte Lieferkette, aber auch für die deutsche Wirtschaft“, sagt Christina Schildmann, Leiterin der Forschungsförderung der Hans-Böckler-Stiftung. Beile und Vitols haben untersucht, inwiefern große börsennotierte Unternehmen in Deutschland ihrer Sorgfaltspflicht in der Lieferkette nachkommen und welche ersten Erfahrungen mit dem deutschen Lieferkettengesetz vorliegen.


Darüber hinaus wurde analysiert, welchen Einfluss Arbeitnehmervertretungen bei der Überprüfung von Sorgfaltspflichten haben können. Grundlage waren Fallstudien multinationaler Unternehmen mit Sitz in Deutschland, die Analyse der Unternehmensberichte von 90 Dax- und MDax-Unternehmen sowie Interviews mit Expert*innen.


Das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, kurz Lieferkettengesetz, gilt seit Januar 2023. Es war notwendig geworden, weil freiwillige Selbstverpflichtungen von Unternehmen über viele Jahre kaum spürbare Fortschritte gebracht hatten. Ziel des Gesetzes ist es, die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltschutz entlang der gesamten Lieferkette, also auch bei den Zulieferern, sicherzustellen. Das Gesetz erlegt allen in Deutschland ansässigen Unternehmen mit mehr als 1000 Beschäftigten bestimmte Sorgfaltspflichten auf – unter anderem müssen sie Grundsatzerklärungen zur Einhaltung von Menschenrechten abgeben, Risikoanalysen durchführen, Präventionsmaßnahmen umsetzen und Beschwerdeverfahren einrichten.


Einige Fortschritte, aber auch Lücken
Viele der untersuchten Unternehmen berichten, dass sie im Rahmen der Umsetzung des Lieferkettengesetzes aktiv geworden sind oder planen, dies künftig zu tun. Zwar haben sich zumindest fast alle Dax-Unternehmen bereits in der Vergangenheit grob mit der Frage befasst, wie sich menschenrechtliche und ökologische Risiken auf das Geschäft auswirken könnten. Seit Einführung des Gesetzes gehen die Aussagen dazu jedoch weiter. Auch die befragten Arbeitnehmervertreterinnen und Arbeitnehmervertreter in den Unternehmen betonen, dass das Gesetz beziehungsweise bereits seine Ankündigung zu Verbesserungen geführt hat.


Laut der Studie erfüllen 66 Prozent der Unternehmen die wesentlichen Anforderungen des Lieferkettengesetzes, 34 Prozent sind noch nicht so weit. Nachbessern müssen die Unternehmen laut Studie unter anderem in diesen Bereichen:

• Die Grundsatzerklärung, die rund zwei Drittel der Unternehmen veröffentlicht haben, bezieht sich nicht immer auf die im Gesetz genannten Menschen- und Umweltrechte und deren Referenzdokumente. Nur ein Drittel der Unternehmen beschreibt in der Grundsatzerklärung umfassend die notwendigen Prozesse. In den meisten Fällen fehlt eine adäquate Risikoanalyse, die als Grundlage dienen sollte. • Häufig werden externe Dienstleister mit der Durchführung der Risikobewertung beauftragt. Viele Unternehmen beschränken sich auf die Beschreibung ihres Vorgehens bei der Risikoanalyse, veröffentlichen aber nicht die Ergebnisse. Konkrete Risiken werden nur selten genannt.


• Nur rund ein Drittel der untersuchten Unternehmen gibt an, Nachhaltigkeitskriterien bei der Beschaffung zu berücksichtigen. Welche Kriterien dabei genau berücksichtigt werden und inwieweit sie letztlich vergaberelevant sind, wird jedoch selten offengelegt. • Menschenrechtliche und ökologische Zielindikatoren sind nur in wenigen Fällen vorhanden. Einzelne Unternehmen nennen Ziele zur Überprüfung von Lieferanten, zur Nachhaltigkeit beim Einkauf oder zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit der Rohstoffbeschaffung. Bei den Umweltzielen dominiert die Einsparung von Treibhausgasemissionen.


• Viele der untersuchten Unternehmen verfügen über einen Verhaltenskodex für Lieferanten. Eine genaue Definition der Anforderungen an die Lieferanten in Bezug auf Menschen- und Umweltrechte fehlt darin jedoch häufig. Chance für mehr Mitbestimmung Für Arbeitnehmervertretungen bieten sich mit dem Lieferkettengesetz neue Möglichkeiten: Sie werden in die Erarbeitung von Grundsatzerklärungen, Verhaltenskodizes, Beschwerdemechanismen und Risikoanalysen einbezogen. Sie nehmen an Betriebsbesuchen bei Zulieferern teil, um die Arbeitsbedingungen vor Ort zu überprüfen, und treten in direkten Kontakt mit den Beschäftigten.


Sie können sich über die Ergebnisse von Kontrollen und besondere Vorkommnisse informieren. Sie sind in Gremien auf verschiedenen Unternehmensebenen vertreten und können so direkt Einfluss auf Entscheidungen nehmen und sicherstellen, dass die Interessen der Beschäftigten berücksichtigt werden. Darüber hinaus fungieren die Arbeitnehmervertretungen als Ansprechpartnerinnen für Beschäftigte sowie für internationale Gewerkschaften im Rahmen von Beschwerdeverfahren. Alle befragten Arbeitnehmervertreter*innen halten das Lieferkettengesetz für einen wichtigen Schritt. Beile und Vitols kommen ebenfalls zu dem Schluss, dass das deutsche Lieferkettengesetz „einen Meilenstein“ darstellt.


Auch wenn die Unternehmen noch an einigen Stellen nachbessern müssten, sei ein solches Gesetz wichtig, um Menschenrechte und Umwelt nachhaltig zu schützen. Die Politik müsse sich auf die Frage konzentrieren, nachhaltiges Lieferkettenmanagement weiter zu stärken. Der EU-Richtlinienentwurf biete hierfür einen guten Ansatzpunkt.  

*Judith Beile, Katrin Vitols
Das Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz. Einfluss und Auswirkung von Mitbestimmung auf Due Diligence in der Lieferkette
Working Paper der HBS-Forschungsförderung Nr. 320  


Wirtschaft am Niederrhein ist unzufrieden und vorsichtig

Besonders Industrie leidet unter hohen Kosten für Energie und Rohstoffe  
Niederrhein/Duisburg, 7. Februar 2024 - Nach Pandemie und Energiekrise rutscht die Wirtschaft zum Jahresstart weiter in die Rezession. Viele Unternehmen sind unzufrieden und erwarten kein gutes Geschäftsjahr. Ein Lichtblick: Trotz der unsicheren Zeit behaupten sich die meisten Betriebe noch gut am Markt. Das zeigt die Konjunkturumfrage der Niederrheinischen IHK.  

 
(c) Niederrheinische IHK

Hohe Kosten, kaputte Infrastruktur, immer neue Verordnungen: Für die Unternehmen in Duisburg und am Niederrhein nehmen die Risiken fürs Geschäft zu. Sie nennen mehr Faktoren als noch vor einem Jahr. Es fehlt ihnen an Sicherheit seitens der Politik. Eine Konsequenz ist: Rund 30 Prozent der befragten Unternehmen gaben an, weniger investieren zu wollen. Im Herbst waren es noch 20 Prozent. Besonders Investitionen in neue innovative Produkte und Arbeitsplätze bleiben liegen.
 


Für die Industrie am Niederrhein sind die Energie- und Rohstoffkosten besonders wichtig, um im internationalen Wettbewerb mithalten zu können. Stahlproduzenten und Chemieunternehmen sehen in den hohen Preisen deshalb ein erhebliches Risiko. Auch fehlende Fachkräfte und marode Brücken machen ihnen zu schaffen.
 

 
„Die Regierung muss jetzt ihren Richtungsstreit beenden und eine klare Linie in der Wirtschaftspolitik verfolgen“, so Ocke Hamann, Leiter Standort, Digital, Innovation und Umwelt bei der Niederrheinischen IHK.

„Die Unternehmen müssen langfristig planen können. Was wir definitiv nicht brauchen, ist noch mehr Bürokratie.“  Der IHK-Konjunkturklimaindex, der die Lage und die Erwartungen zusammenfasst, ist erneut gesunken. Er liegt mit 94 Punkten weit unter dem zehnjährigen Mittel von 109 Punkten.



Vergleich Deutschland-USA: Situation hierzulande bei 10 von 15 wichtigen ökonomischen und sozialen Kenngrößen besser

Neue Studie untersucht Lebensbedingungen

Düsseldorf, 5. Februar 2024 - Wenn man sich ökonomische und soziale Kennzahlen jenseits des Bruttoinlandsprodukts je Einwohner*in anschaut, schneidet Deutschland in vielfacher Hinsicht besser ab als die USA. Das ergibt eine neue Studie von Prof. Dr. Jan Priewe, die vom Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung unterstützt wurde.* Wirtschaftsmacht Nummer eins, innovativ, Magnet für Investitionen, etwa durch niedrige Energiepreise und die Subventionen des Inflation Reduction Acts (IRA) – aber auch ein politisch, wirtschaftlich und sozial zerrissenes Land. So erscheinen die USA in der Wahrnehmung in Deutschland.


Dass Amerika es besser hat, scheint die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung zu bestätigen: Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf war 2022 in den USA 57 Prozent höher als in Deutschland. Rechnet man mit Kaufkraftparitäten statt dem Wechselkurs, liegt der US-Vorsprung beim BIP pro Kopf bei 21 Prozent, was ungefähr dem durchschnittlichen Abstand der vergangenen Jahrzehnte entspricht.


Doch was taugt diese Zahl? Sie erlaubt nur begrenzte Rückschlüsse auf das Wohlergehen der breiten Bevölkerung, zeigt Priewes Untersuchung. Der Ökonom, emeritierter Professor an der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Berlin, hat einen umfassenden Vergleich zwischen Deutschland und den USA durchgeführt und dafür insgesamt 80 Indikatoren aus dem Jahr 2022 ausgewertet. Diese beziehen sich auf 15 unterschiedliche Themen von Löhnen über Einkommensverteilung, Lebenserwartung bis Wohnen und Zeitsouveränität. Damit greift Priewe auch verbreitete neue ökonomische Ansätze auf, Wohlstand nach einem breiteren, realistischeren Konzept zu messen, als es das BIP alleine kann.
 




Das Ergebnis: Deutschland hat in 10 der untersuchten Bereiche die Nase vorn. Besonders groß ist der Vorsprung in Sachen Umwelt, Gesundheit, Sicherheit, Work-Life-Balance und Gleichstellung. Die Vereinigten Staaten stehen lediglich bei Haushaltseinkommen und Konsum deutlich besser da, aber dies hat vor allem mit der längeren Jahresarbeitszeit zu tun. Zudem ist gleichzeitig Armut in den USA weiter verbreitet (siehe auch die Tabellen in der pdf-Version dieser PM (Link unten); alle Daten aus der PM in weiteren Tabellen in der Studie).


•  Geringfügige Vorteile haben die USA bei den Wohnverhältnissen und in einzelnen Bereichen von Ausbildung, Forschung und Entwicklung. Das Ziel seiner Studie sei es, die sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Bedingungen statistisch zu erfassen, die für die Mehrheit der Gesellschaft gelten, mit besonderem Augenmerk auf die weniger begüterte Hälfte, schreibt der Wissenschaftler. Für diese Zwecke sei der Durchschnitt oft nicht so gut geeignet, der etwa bei großer Ungleichheit wenig aussagekräftig ist. Stattdessen biete sich – wenn verfügbar – der Median-Wert an, der genau in der Mitte einer Verteilung liegt, also beispielsweise dem maximalen Einkommen der unteren Hälfte entspricht.

Um Geldsummen vergleichbar zu machen, wurden Dollar und Euro jeweils in Kaufkraftparitäten umgerechnet. Priewes Analyse zufolge verdienen amerikanische Beschäftigte pro Jahr zwar durchschnittlich (Median-Werte liegen für viele Einkommensgrößen in den Datenquellen nicht vor) 5,3 Prozent mehr als deutsche. Allerdings müssen sie auch deutlich mehr arbeiten und kommen im Schnitt auf jährlich 1811 Arbeitsstunden, während es hierzulande 1341 sind. Als Gründe dafür nennt der Wissenschaftler unter anderem mehr Urlaubsanspruch, aber auch die höhere Teilzeitquote in Deutschland. Teilzeitarbeit ist indes insbesondere bei Frauen nicht immer freiwillig.



•  Unter dem Strich ist der durchschnittliche Stundenlohn aller Beschäftigten in Deutschland deutlich höher als in den USA, das gilt auch, wenn man nur den Median-Stundenlohn von Vollzeitbeschäftigten betrachtet. Gleichzeitig ist der Niedriglohnsektor hierzulande kleiner. Verantwortlich dafür dürften die stärkeren Gewerkschaften und die höhere Tarifbindung in Deutschland sein, heißt es in der Studie.     Das Median-Haushaltseinkommen, für das Daten nur aus dem Jahr 2019 vorliegen, ist in den USA 21 Prozent höher, der durchschnittliche Konsum pro Kopf 61 Prozent – Medianzahlen gibt es hier nicht.


•  Als Hauptgrund nennt der Forscher die längeren Arbeitszeiten, aber auch den Konsum der Superreichen. Gleichzeitig gebe es mehr Single- und Rentner*innen-Haushalte in Deutschland sowie weniger Kapitaleinkommen. Indes müsse berücksichtigt werden, dass beispielsweise Kindergärten und Universitäten hierzulande meist kostenfrei zugänglich sind, während in den USA teilweise hohe Gebühren fällig werden („unentgeltliche Sachleistungen des Staates“). Diese Ausgaben erhöhten in den USA den gemessenen Konsum der privaten Haushalte, ohne dass dadurch tatsächlich der Lebensstandard höher wäre.

•  Kostenpflichtig ist auch ein Teil der Fernstraßen und Brücken. Zudem sei die Ungleichheit in den USA deutlich größer. Als arm gelten 15,1 Prozent der amerikanischen und 10,9 Prozent der deutschen Bevölkerung, wobei der Forscher die Armutsgrenze, wie in internationalen Vergleichen der OECD üblich, bei lediglich 50 Prozent vom mittleren Haushaltsnettoeinkommen ansetzt. Dieses Niveau gilt in Deutschland als „strenge Armut“.


•  In den USA besitzen Haushalte im Schnitt mehr als doppelt so viel Vermögen wie in Deutschland, der Median-Wert ist dagegen hierzulande geringfügig höher. Während das reichste Prozent in den USA über 40 Prozent des Gesamtvermögens verfügt, sind es in Deutschland nach Daten der Bundesbank knapp 20 Prozent. Im Bereich Gesundheit stehe Deutschland in fast jeder Hinsicht besser da, so Priewe. Obwohl die Ausgaben im Verhältnis zum BIP in den USA höher sind, gibt es dort unter anderem eine geringere Lebenserwartung, weniger Ärzt*innen und Krankenhausbetten pro 100000 Einwohner*innen und mehr tödliche Unfälle bei der Arbeit.


•  Ähnlich schlecht schneiden die Vereinigten Staaten in den Bereichen Umwelt und Sicherheit ab: Die Treibhausgasemissionen pro Kopf sind etwa doppelt so hoch wie in Deutschland, der Anteil der Erneuerbaren an der Energieproduktion ist halb so hoch. Die Zahl der Tötungsdelikte pro 100000 Einwohner*innen ist mehr als achtmal so hoch, ebenso die Zahl der Inhaftierten. Bei „security“ rangieren die USA international auf Platz 155 (neben Russland), Deutschland auf Platz 43. Hier sind die Unterschiede zwischen den beiden Ländern am größten.


•  Etwas rosiger sieht es im Hinblick auf den Wohnungsmarkt aus: Sowohl die Eigentumsquote als auch die Wohnfläche pro Kopf sind in den USA größer als in Deutschland. Der Ökonom gibt allerdings zu bedenken, dass die US-Bevölkerungsdichte um ein Vielfaches geringer ist und die Qualitätsstandards bei Gebäuden kaum vergleichbar sind. Auch bei Bildung und Forschung ist der Vorsprung der USA weniger deutlich als es auf den ersten Blick erscheint: Die Ausgaben für diesen Bereich fallen mit 6 Prozent des BIP zwar höher aus als in Deutschland mit 4,4 Prozent. Die Vergleichbarkeit werde aber dadurch beeinträchtigt, dass die duale Berufsausbildung, die hierzulande einen hohen Stellenwert hat, in dieser Statistik ausgeklammert bleibt.


•  Eindeutiger fällt der Vergleich in Sachen Gleichstellung aus: In entsprechenden internationalen Indizes rangiert Deutschland klar vor den USA, wo es unter anderem mehr Gewalt gegen Frauen, keinen bezahlten Mutterschaftsurlaub und einen (noch) größeren Gender Pay Gap gibt. Generell haben Amerikanerinnen und Amerikaner deutlich weniger soziale Rechte als Deutsche: Kündigungs- und Mieterschutz sind schwach ausgeprägt, es gibt keine Elternzeit, kein Kindergeld, der bundesweite Mindestlohn beträgt nur 7,25 Dollar, es gibt praktisch keine Kurzarbeit.


•  Während staatliche Umverteilung in Deutschland die Einkommensungleichheit nach Steuern und Transfers um 42 Prozent reduziert, sind es in den USA nur 28 Prozent. Unter dem Strich liege Deutschland in 10 von 15 untersuchten Bereichen vorn, so Priewe. Wenn man den Grad der Unterschiede berücksichtigt – ein Punkt für kleine, zwei für große und drei für sehr große Abstände – falle der Vergleich mit 23 zu 6 Punkten zugunsten Deutschlands aus. Das Ergebnis zeige, wie wenig das BIP allein im Hinblick auf die Arbeits- und Lebensbedingungen der Bevölkerungsmehrheit aussagt – und wie groß der Einfluss wohlfahrtsstaatlicher Institutionen und der Ungleichheit bei Einkommen und Vermögen ist.


•  In Deutschland existiere eben eine etwas andere Spielart des Kapitalismus, so Priewe. Zwar dürfe der Vergleich nicht über die erheblichen Probleme in Deutschland hinwegtäuschen, betont Priewe: Niedriglöhne und Armut sind auch hierzulande verbreitet, die Tarifbindung sinkt, das hohe Niveau der Gesundheitsversorgung ist bedroht. Es fehlt an bezahlbaren Wohnungen und die Schuldenbremse behindert dringend notwendige öffentliche Investitionen in innovative Techniken, Infrastruktur und Bildung, was gerade angesichts des demografischen Wandels ein Problem ist.


Trotz Fortschritten beim Kita-Ausbau sind für viele Mütter reduzierte Arbeitszeiten die einzige Möglichkeit, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen. Gleichwohl zeige der umfassende Vergleich: Sollte sich Deutschland weiter in Richtung des liberalen US-Kapitalismus entwickeln, habe es viel zu verlieren, warnt der Forscher.  

IMK-Study Nr. 91 *Jan Priewe: Comparing living and working conditions – Germany outperforms the United States   Mehr erfahren ›

Ruhr-IHKs: Kommunen müssen mehr tun - Unternehmen im Ruhrgebiet mit trüben Aussichten

 Duisburg, 2. Februar 2024 - Die Stimmung der Wirtschaft im Ruhrgebiet verschlechtert sich weiter. Viele Unternehmen blicken mit Sorge auf das Jahr 2024. Steigende Belastungen durch Steuern und Abgaben sind kaum noch zu stemmen. Zu viel Bürokratie und kaputte Straßen sorgen für Unmut. Hinzu kommt die schwierige Suche nach Personal. Die Themen sind nicht neu, aber die Lage verschärft sich. Deswegen sollten Politik und Verwaltung die Wirtschaft entlasten, so die Ruhr-IHKs.  

Bei der Pressekonferenz haben die IHK-Spitzen die aktuelle Konjunktur im Ruhrgebiet vorgestellt.   


„Die Politik muss dafür sorgen, dass es sich wieder lohnt, hier zu investieren. Sonst verlieren wir noch mehr Unternehmen ans Ausland“, verdeutlicht Werner Schaurte-Küppers, Präsident der der Niederrheinischen IHK und derzeit Sprecher der Ruhr-IHKs. Rund 60 Prozent der Firmen sehen sich durch das politische Hin und Her belastet. Vor einem Jahr waren es noch 45 Prozent. „Rohstoffe und Energie sind zu teuer. Und wer investieren will, bekommt Steine – oder besser gesagt: Papier – in den Weg gelegt. Die Unternehmen haben keine Zeit, sich durch den Bürokratiewahnsinn zu kämpfen“, kritisiert Schaurte-Küppers.  


Alle Branchen sind betroffen Insgesamt blickt jedes dritte Unternehmen pessimistisch in die Zukunft. Der IHK-Konjunkturklimaindex sinkt auf 94 Zähler. Er hat damit den niedrigsten Stand seit 15 Jahren erreicht. Nur auf dem Höhepunkt der Energiekriese 2022 lag er noch darunter. Die Aufträge in der Industrie gehen weiter zurück – im In- und im Ausland. Die Logistik leidet unter den verschärften Maut- und Abgasregeln. Gastronomen blicken besorgt auf die erhöhte Mehrwertsteuer, die seit Anfang 2024 wieder bei 19 Prozent liegt. Besonders negativ blicken die Händler auf 2024. Grund ist die Zurückhaltung der Konsumenten. Viele halten ihr Geld derzeit lieber zusammen, statt es auszugeben. Die Folgen der Inflation beeinflussen Einzel- und Großhandel.  


Ruhrwirtschaft investiert weniger
Die Betriebe sind sparsamer. Die meisten reparieren oder ersetzen nur den Bestand. „Viele sind vorsichtig geworden und warten ab. Hier müssen Berlin und Düsseldorf verlässliche Perspektiven geben. Aber auch unsere Kommunen können viel tun, damit unsere Unternehmen schneller aus der Rezession kommen“, betont der IHK-Präsident.  


Sechs Punkte für ein starkes Ruhrgebiet
Die Umfrage ist laut Ruhr-IHKs ein Hilferuf der Wirtschaft. Die Kammern fordern ein Wachstumspaket von Bund, Land und Kommunen. „Unsere Region ist ein wichtiger Ballungsraum in Europa. Wir brauchen deshalb intakte Straßen und Brücken. Wir müssen innovativer und mutiger werden und neue Konzepte testen“, sagt Dr. Stefan Dietzfelbinger, Hauptgeschäftsführer der Niederrheinischen IHK. Er nennt sechs Forderungen: „Wenn die Kommunen attraktiver werden wollen, müssen sie die Infrastruktur schneller sanieren, Steuern senken, Flächen bereithalten und Bürokratie abbauen.“


Von Bund und Land fordern die IHKs „one in, two out“. Für jedes neue Gesetz müssen zwei abgeschafft werden. Außerdem müsse mehr getan werden, um die Energie und Rohstoffpreise bezahlbar zu halten.  


Info: Der Konjunkturklimaindex fasst die Bewertung der Geschäftslage und die Erwartungen zusammen. Zwei Mal im Jahr befragen die Ruhr-IHKs die Unternehmen, seit fast sechzig Jahren. In der aktuellen Umfrage haben sie 850 Unternehmen mit rund 165.000 Beschäftigten befragt. Die Ergebnisse wurden am 2. Februar bei der Niederrheinische IHK in Duisburg vorgestellt.

Passend zum Wechsel der Federführung unter den Ruhr-IHKs trafen sich die IHK-Präsidenten und -Hauptgeschäftsführer in Duisburg. Fotos: Niederrheinische IHK/Hendrik Grzebatzki  


Städtische Immobilien: Die WBD AöR soll die Bewirtschaftung übernehmen

Duisburg, 1. Februar 2024 - Die Neuordnung der städtischen Immobilienwirtschaft nimmt konkrete Formen an: Die Bewirtschaftung nahezu aller Liegenschaften im Eigentum der Stadt soll ab Mai 2024 durch die Wirtschaftsbetriebe erfolgen. So wird es dem Rat in seiner Sitzung am 19. Februar zur Entscheidung vorgelegt. Die Immobilien der Stadt – zu denen Schulen, Feuerwachen, Verwaltungsgebäude und Kultureinrichtungen zählen – sollen ab Mai 2024 von der Wirtschaftsbetriebe AöR (WBD) verwaltet werden.


Das derzeit noch zuständige Immobilien-Management Duisburg (IMD) soll in die WBD AöR übergehen. Die grundsätzliche Entscheidung zu dieser Neustrukturierung hatte der Rat der Stadt bereits in seiner Sitzung am 28. September 2023 getroffen. Gegenstand der Beratungen in der kommenden Ratssitzung am 19.02.2024 werden unter anderem der Übergang des Betriebes, die Übertragung der Bewirtschaftungsaufgaben an die WBD und die arbeits- und dienstrechtlichen Auswirkungen und Regelungen zur Überleitung der Mitarbeitenden des IMD sein.


Damit soll sich die Bewirtschaftung sämtlicher Immobilien der Stadt künftig zwischen zwei städtischen Beteiligungen aufteilen: Die Gebag wird sich um die Kinder- und Jugendeinrichtungen kümmern, alle anderen Liegenschaften werden von der WBD AöR betreut. Oberbürgermeister Sören Link: „Die Immobilien der Stadt werden künftig unter dem Dach der WBD bestmöglich betreut. Ich bin froh und dankbar, dass wir für den Prozess der Neuordnung so schnell und in enger Abstimmung zwischen Politik, Verwaltung, Personalvertretung und Mitarbeitenden eine gute Lösung gefunden haben.


Denn die künftigen Herausforderungen sind enorm: In den nächsten Jahren stehen viele Sanierungen und der Ausbau vor allem im Bereich der Schulen, Feuerwachen und Verwaltungsgebäude an. Immer mit der Priorität, den Klimaschutz durch energetische Maßnahmen voranzutreiben. Für die Kitas und Jugendimmobilien wird künftig ausschließlich die Gebag zuständig sein, die sich bereits heute um einen Großteil dieser Gebäude erfolgreich kümmert.“


Der Neustrukturierungsprozess für einen Großteil der städtischen Immobilien wurde im Frühjahr 2023 begonnen und ist nach nur 9 Monaten zur Entscheidungsreife im Rat der Stadt gebracht worden, was für eine Restrukturierung dieser Größenordnung keine Selbstverständlichkeit ist, wie Projektleiter und Stadtdirektor Martin Murrack betont: „Das Projektteam sowie die Kollegen der WBD und des IMD haben mit Hochdruck an der jetzt vorgelegten Lösung gearbeitet, was mich sehr stolz macht. Dafür bin ich allen Beteiligten sehr dankbar. Gerade das zügige Vorankommen im Projekt war mir auch persönlich wichtig, da ich schnell Klarheit für die Kolleginnen und Kollegen des IMD über ihre künftige Aufgabenwahrnehmung haben wollte.“


Auf die Mitarbeitenden des IMD und die neue Aufgabe freut sich der Sprecher des Vorstandes der WBD Thomas Patermann: „Ich bin sicher, dass wir gemeinsam mit den neuen Kolleginnen und Kollegen die Aufgabe zeitnah neu strukturieren werden und die städtische Immobilienlandschaft in den nächsten Jahren erfolgreich weiterentwickeln. Die WBD werden – wie bisher auch – der Stadt ein verlässlicher Partner und allen Nutzern der Immobilien ein kompetenter Ansprechpartner sein.“


Die Immobilien und die Grundstücke werden nicht mit übertragen, sondern verbleiben im Eigentum der Stadt Duisburg. Die Beschäftigten des IMD werden mit Ausnahme des IMD-Personals für die Schulhausmeisterdienste, die dem Amt für Schulische Bildung zugeordnet werden, ihrer Aufgabe folgen und zur WBD wechseln. Hierbei werden die Beschäftigten, die durch den gesetzlichen Betriebsübergang zum 01.05.2024 zu der WBD AöR wechseln, unterrichtet und können innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zugang dieser schriftlichen Unterrichtung dem Wechsel durch den Betriebsübergang zum 01.05.2024 widersprechen.


Die Beamtinnen und Beamten werden mit ihrem Einverständnis zur WBD versetzt. Mit den Personalvertretungen der Kernverwaltung und der WBD wurden Auswirkungen und Regelungen wie unter anderem der Besitzstand bei Übergang der Arbeitsverhältnisse, das Rückkehrrecht in die Kernverwaltung, die Bewerbungsmöglichkeiten auf städtische Stellenausschreibungen und der Diensteinsatz der bzw. das Rückkehrrecht der Beamtinnen und Beamten im Rahmen von Versetzungen vereinbart. Die Personalvertretung der Stadt Duisburg hat in ihrer Sitzung am 30.01.2024 der Maßnahme zugestimmt.

IHK: Industrie zunehmend unter Druck

Chemiewerk Venator baut hunderte Stellen ab  
Duisburg, 1. Februar 2024 - Das Duisburger Chemieunternehmen Venator streicht 448 Arbeitsplätze. Das gab die Geschäftsführung heute bekannt. Die Titandioxid-Produktion am Standort in Homberg soll nach Uerdingen verlegt werden. Die Niederrheinische IHK fordert von der Politik, mehr für die Wirtschaft zu tun. Stadt, Land und Bund sind nun mehr denn je gefordert.

Dazu IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Stefan Dietzfelbinger: „Die Pläne von Venator sind sehr bitter. Der Verlust von vielen hundert Arbeitsplätzen trifft die Beschäftigten und ihre Familien hart. Es zeigt auch, unter welchem Druck die Industrie bei uns an Rhein und Ruhr steht.

Diese Entscheidung sollte ein Weckruf sein. Wir fordern von der Bundesregierung, dass sie unsere Wirtschaft endlich besser unterstützt. Zudem muss auch die Stadt dafür sorgen, dass der Wirtschaftsstandort Duisburg deutlich gestärkt wird. Hier ist mehr denn je energisches Vorgehen gefragt.“  


„Diesen Berg an Vorschriften kann keiner mehr überblicken“

Unternehmer diskutierten mit CDU-Politiker Paul Ziemiak  
Duisburg, 25. Januar 2024 - Immer mehr Bürokratie und keine Anreize für Investitionen: Die Lage für Unternehmer ist schwierig. Die Wirtschaftsleistung sinkt. Im Gespräch mit Paul Ziemiak äußerten Unternehmer vom Niederrhein ihre Sorgen. Der Bundestagsabgeordnete und Generalsekretär der NRW-CDU ist bestens vernetzt in Düsseldorf und Berlin.  


Paul Ziemiak machte im Gespräch aus der Unzufriedenheit der NRW-CDU mit der Bundespolitik der Ampel keinen Hehl: „Die Politik der Bundesregierung gefährdet den Wirtschaftsstandort Deutschland und macht die Menschen ärmer. In Zeiten der Rekordinflation und schwächelnden Wirtschaft steigen Steuern und Abgaben zum Jahresanfang um über 20 Milliarden Euro und machen so das Leben noch teurer. Deutschland ist wieder der kranke Mann Europas.“  


Besonders die Energiewende und der Wandel zu einer klimafreundlicheren Industrie beschäftigen viele Betriebe in der Region. Hier nehmen die Unternehmer weiterhin die Landesregierung in die Pflicht, denn: Nordrhein-Westfalen ist das industrielle Herz Europas. „Hier müssen wir die Energiewende vorantreiben, das ist eine riesige Aufgabe, die die Unternehmen nicht alleine stemmen können“, verdeutlichte Werner Schaurte-Küppers, Präsident der Niederrheinischen IHK.  


Er forderte von der Politik mehr Planungssicherheit. Ebenso nähmen immer neue Auflagen, wie zuletzt die Mauterhöhung, die Betriebe in die Mangel. „Wir Unternehmer brauchen Verlässlichkeit, weniger Bürokratie, bezahlbare Energie und eine funktionierende Infrastruktur. Diesen Berg an Vorschriften kann keiner mehr überblicken“, betonte Schaurte-Küppers. Besonders kleine und mittelständische Unternehmen könnten die Regelungen kaum umsetzen, weil sie nicht genug Kapazitäten haben. Die Unternehmer fordern deshalb von der Landesregierung, dass für jedes neue Gesetz zwei alte abgeschafft werden. „In Bayern wird das schon diskutiert,“ so der IHK-Präsident. „Das sollte auch unser Ziel für NRW und für den Bund sein.“  

CDU-Politiker Paul Ziemiak (l.) trägt sich im Beisein von IHK-Präsident Werner Schaurte-Küppers in das Goldene Buch der Niederrheinischen IHK ein. Foto Niederrheinische IHK/Alexandra Roth  


Christof Großkraumbach zum Handelsrichter wiederernannt    
Der Präsident des Oberlandesgerichts Düsseldorf hat auf Vorschlag der Niederrheinischen Industrie- und Handelskammer Duisburg-Wesel-Kleve zu Duisburg Herrn Christof Großkraumbach, Prokurist der Fa. Höhnerbach Veranstaltungstechnik e. K., Duisburg für die Zeit vom 15. Januar 2024 bis zum 14. Januar 2029 zum Handelsrichter beim Landgericht Duisburg wiederernannt.

Stärkung der Tarifautonomie: Allgemeinverbindlichkeit und Bonusleistungen für organisierte Beschäftigte sind vereinbar

Gutachten von Prof. Dr. Olaf Deinert

Düsseldorf/Duisburg, 20. Januar 2024 - Die deutsche Tariflandschaft ist ausgedünnt: Aktuell hat nur noch gut die Hälfte der Beschäftigten einen Tarifvertrag. Als Beitrag gegen Niedriglöhne, Armut und soziale Ungleichheit schreibt die Europäische Union vor, dass die Mitgliedsstaaten bei einer Tarifabdeckung von weniger als 80 Prozent Maßnahmen zur Stabilisierung des Tarifsystems ergreifen. Die Ampelparteien haben sich in ihrem Koalitionsvertrag dazu verpflichtet. Es gibt mehrere mögliche Instrumente: Eines wären mehr Allgemeinverbindlicherklärungen (AVE).


Dabei wird ein Tarifvertrag für eine Branche auch für die bisher nicht tarifgebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer in seinem Geltungsbereich verbindlich, nachdem der Bundesarbeitsminister eine AVE ausgesprochen hat. Ein anderes Mittel: Um die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft attraktiver zu machen und so zu einer funktionierenden Tarifautonomie beizutragen, könnten sich die Tarifparteien zudem auf Klauseln einigen, die bestimmte Leistungen ausschließlich für gewerkschaftlich organisierte Beschäftigte vorsehen.


Beide Instrumente werden in unterschiedlichem Rahmen bereits praktisch angewandt: Allgemeinverbindlicherklärungen sind in etlichen EU-Nachbarländern weit verbreitet. Und in einzelnen Branchen oder Unternehmen in Deutschland gab oder gibt es tarifvertragliche „Bonusleistungen“ für Gewerkschaftsmitglieder, die mit ihrem Engagement und ihren Beiträgen Tarifabschlüsse erst möglich machen.


Beide Ansätze erscheinen sinnvoll – doch schließen sie einander nicht aus? Das untersucht der Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Olaf Deinert von der Universität Göttingen in einem aktuellen Rechtsgutachten.* Danach sind „konditionierte Allgemeinverbindlicherklärungen“, die beide Instrumente verbinden, grundsätzlich zulässig. Tarifverträge allgemeinverbindlich zu machen, schütze zwar gegen Unterbietungskonkurrenz und könne Austritten aus Arbeitgeberverbänden vorbeugen, schreibt Deinert in der Studie, die das Hugo-Sinzheimer-Institut (HSI) der Hans-Böckler-Stiftung gefördert hat.


Andererseits sinke aber der Anreiz, einer Gewerkschaft beizutreten, wenn die Ergebnisse von Tarifverhandlungen ohnehin für alle gelten. Dieses Problem ließe sich durch Exklusivvorteile für Gewerkschaftsmitglieder lindern. Beide Elemente könnten sich also „bei geschicktem Einsatz gegenseitig ergänzen“. Die Möglichkeit der konditionierten Allgemeinverbindlicherklärungen im Tarifvertragsgesetz explizit festzuschreiben, wäre laut dem Gutachten der „rechtssichere Weg“.


Grundsätzlich stehe aber auch das geltende Recht einer solchen Konstruktion nicht im Wege. Denkbar wäre zum einen, den persönlichen Geltungsbereich des Tarifvertrags, der für allgemeinverbindlich erklärt werden soll, auf Gewerkschaftsmitglieder zu beschränken. In diesem Fall bestehe allerdings die Gefahr, dass Arbeitgeber versuchen, ihren Betrieb möglichst gewerkschaftsfrei zu halten. Um das zu vermeiden, komme es auf die richtige „Dosierung“ der Anreize an. Dafür geeignet seien Differenzierungsklauseln, die zum Beispiel eine Zulage nur für Organisierte vorsehen, während der Tarifvertrag ansonsten allgemeinverbindlich ist, erklärt der Jurist. Entsprechende Klauseln in klassischen Tarifverträgen habe das Bundesarbeitsgericht (BAG) mehrfach für zulässig erklärt.


Allerdings könne der Arbeitgeber nicht daran gehindert werden, die vereinbarten Sonderzahlungen auch den nicht organisierten Beschäftigten zuteilwerden zu lassen. Er sei bloß nicht dazu verpflichtet. Wirksam garantieren ließen sich exklusive Vorteile mit sogenannten Spannenklauseln, so Deinert. Die Funktionsweise: Wenn der Arbeitgeber diese Vorteile auch denjenigen gewährt, die nicht Mitglied in der Gewerkschaft sind, muss er die Leistung für die Mitglieder um denselben Betrag aufstocken, sodass die Spanne zwischen beiden Gruppen erhalten bleibt.


Das BAG habe gegen solche Klauseln zwar rechtliche Bedenken, könne dafür aber keine überzeugenden Argumente liefern, heißt es in dem Gutachten. Der Vorwurf, die Spannenklausel wolle den Nichtorganisierten etwas vorenthalten, gehe am Kern der Sache vorbei. Schließlich dürften diese durchaus weitere Vorteile erhalten, bloß profitierten dann eben auch die Gewerkschaftsmitglieder. Tarifautonomie liegt im öffentlichen Interesse Generell müssten für Allgemeinverbindlicherklärungen – ob konditioniert oder nicht – bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, schreibt der Rechtswissenschaftler. Dazu gehöre neben einem gemeinsamen Antrag der Tarifparteien ein „öffentliches Interesse“.


Eine Differenzierungs- oder Spannenklausel wiederum diene dem öffentlichen Interesse an einer funktionsfähigen Tarifautonomie. Denn zur Überwindung der strukturellen Unterlegenheit der Beschäftigten könne ein Tarifvertrag nur beitragen, wenn die Gewerkschaften hinreichend mitgliederstark und damit mächtig sind. Unüberwindbare verfassungsrechtliche Hürden sieht Deinert dabei nicht. Die sogenannte negative Koalitionsfreiheit stehe Allgemeinverbindlicherklärungen grundsätzlich nicht im Wege: Es gebe zwar ein Recht, Verbänden oder Gewerkschaften fernzubleiben, „ein Recht, nicht durch tarifvertragliche Normen behelligt zu werden, folgt daraus allerdings nicht“.


Es ließe sich allenfalls argumentieren, dass der Anreiz zum Beitritt, den Exklusivvorteile für Gewerkschaftsmitglieder verursachen, die negative Koalitionsfreiheit gefährdet. Das Bundesverfassungsgericht halte das aber für unproblematisch, solange nur „ein gewisser Druck“ und kein „Beitrittszwang“ vorliegt. Von einem solchen Zwang wiederum könne bei einfachen Differenzierungsklauseln keine Rede sein, da sie den Arbeitgeber ja nicht daran hindern, auch Nichtorganisierte in den Genuss von tarifvertraglichen Leistungen kommen zu lassen.


Einen „relevanten Beitrittsdruck“ könnten – wenn überhaupt – nur Spannenklauseln bewirken, so der Gutachter. Allerdings ließe sich ein etwaiger Grundrechtseingriff durchaus rechtfertigen, da die konditionierte Allgemeinverbindlicherklärung zu einer funktionsfähigen Tarifautonomie beitragen soll und damit auf einen „gewichtigen Zweck“ abzielt. Der Eingriff dürfe allerdings nicht unverhältnismäßig ausfallen, indem die Spannenklausel zum Beispiel Nichtmitgliedern angemessene Arbeitsbedingungen insgesamt vorenthält. Wann der Beitrittszwang beginnt, lasse sich allgemeingültig schwer beantworten.


Sonderleistungen bis zum doppelten Gewerkschaftsbeitrag seien rechtlich jedenfalls „über jeden Zweifel erhaben“. Mit Blick auf die Vertragsfreiheit stellt Deinert fest, dass Allgemeinverbindlicherklärungen mit Spannenklauseln es zwar nicht organisierten Beschäftigten in der Tat erschweren, bestimmte Inhalte mit dem Arbeitgeber zu vereinbaren. Da es in der Regel um überschaubare finanzielle Vorteile geht, handele es sich aber um einen Eingriff „von geringer Intensität“, der mit Blick auf das „hochrangige verfassungsrechtliche Rechtsgut der Sicherung der Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie“ gerechtfertigt ist.


Hinzu komme, dass individuell ausgehandelte Vorteile von Spannenklauseln ohnehin nicht betroffen sind, es gehe bei ihnen ausschließlich um Leistungen, die der Arbeitgeber „aufgrund eines generalisierenden Prinzips kollektiv“ erbringt. Den Gleichheitssatz sieht der Jurist ebenfalls nicht verletzt. Der Arbeitgeber sei prinzipiell nicht verpflichtet, Nichtorganisierten tariflich geregelte Arbeitsbedingungen anzubieten. Die Ungleichbehandlung sei zudem dadurch gerechtfertigt, dass die Mitglieder von Gewerkschaften durch Beitragszahlungen und Engagement zum Ertrag von Kollektivverhandlungen beitragen.


Europäisches Recht ist kein Hindernis
Auch das EU-Recht hat der Autor auf etwaige Fallstricke hin untersucht. Die Entsenderichtlinie etwa verlange die Erstreckung von Entlohnungsbestimmungen auf entsandte Beschäftigte unabhängig vom Arbeitsvertragsstatut. Das spreche aber nicht gegen die konditionierte Allgemeinverbindlicherklärung. Denn dass Nichtmitglieder keine Exklusivleistungen erhalten, liege nicht daran, dass der Tarifvertrag nicht für sie gilt, sondern daran, dass sie die Anspruchsvoraussetzungen nicht erfüllen.


Eventuell problematisch könnte in diesem Zusammenhang nach Einschätzung des Wissenschaftlers sein, dass Entsandte gar nicht in den Genuss von Exklusivleistungen kommen können, weil sie in der Regel nicht Mitglied einer inländischen Gewerkschaft sind. Diese Bedenken ließen sich aber ausräumen, indem die zuständige Gewerkschaft eine zeitlich begrenzte Sondermitgliedschaft für Entsandte ermöglicht – wie es die IG BAU bereits vorgesehen hat.


Dass die Entsenderichtlinie gerichtlich nicht beanstandet wurde, zeige gleichzeitig, dass Eingriffe in die Dienstleistungsfreiheit durch allgemeinverbindliche Tarifverträge im Interesse des Arbeitnehmerschutzes gerechtfertigt sein können, so Deinert. Eine konditionierte Allgemeinverbindlicherklärung wiederum verpflichte Unternehmen zu weniger, weil Nichtorganisierte eben keinen Anspruch auf bestimmte Leistungen haben. Insofern sei der Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit noch geringer.


HSI-Schriftenreihe Band 53, Dezember 2023
*Olaf Deinert

Die konditionierte Allgemeinverbindlicherklärung

 


Ärmere Haushalte im Gesamtjahr 2023 besonders stark von Inflation belastet, im Dezember relativ geringe Unterschiede

Neue Werte des IMK Inflationsmonitors


Düsseldorf/Duisburg, 18. Januar 2024 - Alleinlebende mit niedrigen Einkommen waren im Jahr 2023 am stärksten durch die Teuerung belastet. Die Inflationsrate für diesen Haushaltstyp betrug im Jahresdurchschnitt 6,3 Prozent. Das ist ein voller Prozentpunkt mehr als bei Singles mit sehr hohen Einkommen, die mit 5,3 Prozent unter allen Haushalten die niedrigste Teuerungsrate zu verzeichnen hatten.


In der ersten Jahreshälfte 2023 waren ärmere Alleinlebende mit deutlich überdurchschnittlichen Inflationsraten konfrontiert, weshalb sie für das Gesamtjahr spürbar über der allgemeinen Inflationsrate von 5,9 Prozent liegen. 6,0 Prozent beträgt die Jahresrate von ärmeren Familien, der zweithöchste Wert im Vergleich verschiedener repräsentativer Haushaltstypen


Ab dem Spätsommer hat sich die soziale Spreizung bei der Teuerung, parallel zur insgesamt sinkenden Inflationsrate, immerhin stark verkleinert. Zuletzt waren die haushaltsspezifischen Unterschiede gering: Im Dezember 2023 verzeichneten Alleinlebende mit niedrigen Einkommen eine haushaltsspezifische Inflation von 3,7 Prozent.


Das war die höchste Rate, während Alleinlebende mit sehr hohen Einkommen den im Haushaltsvergleich geringsten Wert von 3,4 Prozent aufwiesen (siehe Abbildung 2). Das ergibt der neue IMK Inflationsmonitor, den das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung vorlegt.* IMK-Inflationsexpertin Dr. Silke Tober und der wissenschaftliche Direktor des IMK, Prof. Dr. Sebastian Dullien, berechnen seit Anfang 2022 jeden Monat spezifische Teuerungsraten für neun repräsentative Haushaltstypen, die sich nach Zahl und Alter der Mitglieder sowie nach dem Einkommen unterscheiden und daher unterschiedliche Konsummuster und Warenkörbe aufweisen.


Ärmere Haushalte waren bis in den Spätsommer 2023 hinein besonders stark durch die Inflation belastet, weil sie einen großen Teil ihres schmalen Budgets für Nahrungsmittel und Haushaltsenergie ausgeben müssen. Diese Güter des Grundbedarfs waren die stärksten Preistreiber. In der zweiten Jahreshälfte, bis einschließlich November, hat die Preisdynamik aber vor allem bei der Energie nachgelassen, so dass sich die einkommensspezifischen Differenzen seit dem Höhepunkt im Oktober 2022 stark verändert haben.


Damals hatten Familien mit niedrigen Einkommen die höchste Inflationsrate im Haushaltsvergleich mit 11,0 Prozent. Dagegen waren es bei Alleinlebenden mit sehr hohen Einkommen 7,9 Prozent. Im Januar 2023 betrug die soziale Spreizung immer noch 2,6 Prozentpunkte, im März 2,7 Prozentpunkte. Doch auch wenn sich die Werte für die verschiedenen Haushalte angenähert haben, wird das Problem deutlich steigender Preise vor allem für Menschen mit niedrigen Einkommen dadurch verschärft, dass viele nur geringe finanzielle Rücklagen haben und die Alltagsgüter, die sie vor allem kaufen, kaum zu ersetzen sind.

Nach Monaten mit sinkender Inflation sind die spezifischen Teuerungsraten für alle untersuchten Haushaltstypen im Dezember 2023 wieder gestiegen, ebenso wie die allgemeine Inflationsrate, die von 3,2 im November auf 3,7 Prozent zulegte. Das liegt vor allem daran, dass der Staat im Dezember 2022 als Einstieg in die Gaspreisbremse die monatliche Abschlagszahlung für Haushalte mit Gas- und Fernwärmebezug übernommen hatte.
Da es im Dezember 2023 keine erneute Übernahme der Abschlagzahlungen gab, ist nun die Teuerungsrate im Jahresvergleich höher ausgefallen. Dieser besondere Basiseffekt wirkte sich bei Alleinlebenden mit sehr hohen Einkommen am wenigsten aus, weil in ihrem Warenkorb Ausgaben für Haushaltsenergie eine vergleichsweise kleine Rolle spielen. Bei den übrigen untersuchten Haushaltstypen war der Anstieg größer.


So schlug die Preissteigerung bei Paaren mit Kindern und mittleren beziehungsweise höheren Einkommen im Dezember mit je 3,6 Prozent zu Buche. Ebenso hoch fiel die Inflationsrate für kinderlose Paare mit mittleren Einkommen aus. 3,5 Prozent Inflation verzeichneten Paare mit Kindern und niedrigen Einkommen, Alleinerziehende mit mittleren Einkommen sowie Alleinlebende mit mittleren bzw. höheren Einkommen.

Abbildung 2


Dass aktuell die spezifischen Inflationsraten aller Haushaltstypen bei oder etwas unterhalb der allgemeinen Rate liegen, beruht darauf, dass das IMK bei der Gewichtung der Warenkörbe die repräsentative Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) heranzieht, während das Statistische Bundesamt seit Anfang 2023 auf die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung zurückgreift.   


EZB sollte zeitnah über Zinssenkungen nachdenken
Für die nächste Zeit erwarten Tober und Dullien wieder eine sinkende Inflationsrate, wobei im laufenden Monat das Niveau noch nahe an dem von Dezember bleiben dürfte. Gründe dafür sind das Auslaufen der Energiepreisbremsen Ende 2023 sowie die Normalisierung des Mehrwertsteuersatzes auf Speisen in Gaststätten und die Anhebung des CO2-Preises zum Jahresbeginn. Ab Februar „dürfte aber die Inflationsrate zügig in Richtung zwei Prozent fallen, da sich nicht nur die Kernrate abschwächt, sondern die Verbraucherpreise für Erdgas und Strom bis weit in das Jahr 2024 sinken dürften“, betonen die Fachleute des IMK.


Die Inflationsrate im gesamten Euroraum lag im Dezember trotz des Basiseffekts in Deutschland knapp unter drei Prozent, im November waren es sogar nur 2,4 Prozent. Vor diesem Hintergrund und angesichts der wirtschaftlichen Schwäche im Euroraum und insbesondere in Deutschland werde immer deutlicher, dass die Europäische Zentralbank (EZB) mit ihren starken Leitzinserhöhungen überzogen agiert habe. Daher „sollte die EZB zeitnah über eine Korrektur ihrer ausgeprägt restriktiven Geldpolitik nachdenken“, schreiben Tober und Dullien.


Informationen zum Inflationsmonitor

Für den IMK Inflationsmonitor werden auf Basis der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) des Statistischen Bundesamts die für unterschiedliche Haushalte typischen Konsummuster ermittelt. So lässt sich gewichten, wer für zahlreiche verschiedene Güter und Dienstleistungen – von Lebensmitteln über Mieten, Energie und Kleidung bis hin zu Kulturveranstaltungen und Pauschalreisen – wie viel ausgibt und daraus die haushaltsspezifische Preisentwicklung errechnen. Die Daten zu den Haushaltseinkommen stammen ebenfalls aus der EVS.


Im Inflationsmonitor werden neun repräsentative Haushaltstypen betrachtet: Paarhaushalte mit zwei Kindern und niedrigem (2000-2600 Euro), mittlerem (3600-5000 Euro), höherem (mehr als 5000 Euro) monatlichem Haushaltsnettoeinkommen; Haushalte von Alleinerziehenden mit einem Kind und mittlerem (2000-2600 Euro) Nettoeinkommen; Singlehaushalte mit niedrigem (unter 900 Euro), mittlerem (1500-2000 Euro), höherem (2000-2600 Euro) und hohem (mehr als 5000 Euro) Haushaltsnettoeinkommen sowie Paarhaushalte ohne Kinder mit mittlerem Haushaltsnettoeinkommen zwischen 3600 und 5000 Euro monatlich. Der IMK Inflationsmonitor wird monatlich aktualisiert.  


IMK Policy Brief Nr. 163, Januar 2024 *Sebastian Dullien, Silke Tober IMK Inflationsmonitor: Inflation sinkt von 8,7 % auf 3,7 % im Verlauf von 2023   Mehr erfahren ›




IMK-Konjunkturindikator bleibt für das erste Quartal 2024 auf „rot“

Düsseldorf/Duisburg, 16. Januar 2024 - Die Wahrscheinlichkeit, dass die deutsche Wirtschaft im ersten Quartal 2024 eine Rezession durchläuft, ist in den letzten Wochen etwas gesunken, sie bleibt aber auf hohem Niveau. Das signalisiert der Konjunkturindikator des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung.

Für den Zeitraum von Januar bis Ende März weist der Indikator, der die neuesten verfügbaren Daten zu den wichtigsten wirtschaftlichen Kenngrößen bündelt, eine Rezessionswahrscheinlichkeit von 56,8 Prozent aus. Anfang Dezember betrug sie für die folgenden drei Monate 68,9 Prozent. Gleichzeitig ist die statistische Streuung im Indikator, in der sich die Verunsicherung der Wirtschaftsakteure ausdrückt, von bereits hohen 19 Prozent im Dezember auf jetzt 20,7 Prozent gestiegen.


Das nach dem Ampelsystem arbeitende Konjunktur-Frühwarnsystem zeigt daher, wie in den Vormonaten, „rot“, was für eine akute Rezessionsgefahr steht. Der moderate Rückgang des Rezessionsrisikos beruht vor allem darauf, dass die Auftragseingänge aus dem Inland an das Verarbeitende Gewerbe zuletzt gestiegen sind und dass die Börsenkurse Ende 2024 zugelegt haben. Beide Trends sollten aber nicht überschätzt werden, erklärt IMK-Konjunkturexperte Dr. Thomas Theobald. Denn die positive Entwicklung bei den Auftragseingängen sei vor allem auf einige Großaufträge zurückzuführen, die üblicherweise die konjunkturelle Grunddynamik weniger gut widerspiegeln.


„Und für die Jahresendrallye der Aktienkurse dürfte neben Portfolioumschichtungen vor allem die Hoffnung auf schnelle Zinssenkungen der EZB verantwortlich zeichnen“, sagt Theobald. Zinssenkungen seien angesichts der schwachen Konjunktur in Deutschland und im Euroraum sowie der klaren Aussicht auf weitere Rückgänge der Inflationsrate zwar absolut angebracht, so der IMK-Experte. „Aber auch wenn die EZB in diese Richtung rasch entscheidet, kann eine weniger restriktive geldpolitische Ausrichtung ihre Wirkung erst mit Verzögerung entfalten.“


Ungünstig ist zudem, dass die Finanzpolitik ebenfalls in der aktuellen Konjunkturkrise weiter die Wirtschaft bremst, betont der Wissenschaftliche Direktor des IMK, Prof. Dr. Sebastian Dullien. „Die Ausgabenkürzungen und Abgabenerhöhungen, die die Bundesregierung nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Bundeshaushalt auf den Weg gebracht hat, sind für die aktuelle Situation klar die falsche Politik“, so der Ökonom. Hinzu käme, dass auch in den kommenden Jahren Mittel zur Förderung von Transformationsinvestitionen fehlten und deshalb Unsicherheit bei Haushalten und Unternehmen verstärkt worden sei.


„Die Schuldenbremse wird immer mehr zur Investitionsbremse. Es wäre wichtig, dass Regierung und Opposition sich schnell zusammensetzen, um eine Reform des Regelwerkes anzustoßen“, sagt Dullien. In den IMK-Konjunkturindikator fließen zahlreiche Daten aus der Real- und der Finanzwirtschaft zum jeweils vorliegenden Veröffentlichungszeitpunkt ein. Darüber hinaus berücksichtigt das Instrument Stimmungsindikatoren. Das IMK nutzt die Industrieproduktion als Referenzwert für eine Rezession, weil diese rascher auf einen Nachfrageeinbruch reagiert als das Bruttoinlandsprodukt. Der Konjunkturindikator wird monatlich aktualisiert.   I


MK Konjunkturindikator   Mehr erfahren ›  

Aktuelle IMK-Konjunkturprognose 2024 droht erneute Schrumpfung des BIP – IMK erwartet Rückgang um 0,3 Prozent, ebenso viel wie 2023   Mehr erfahren ›

Wirtschaftspolitische Herausforderungen 2024: Staat muss verlorenen Spielraum zurückgewinnen

Düsseldorf/Duisburg, 12. Januar 2024 - Die deutsche Wirtschaft dürfte 2024 das zweite Jahr in Folge eine leichte Rezession durchlaufen: Das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) wird in diesem Jahr um 0,3 Prozent schrumpfen, so wie schon 2023. Ende 2024 könnte das BIP so wieder auf dem Niveau von 2019 landen, unmittelbar bevor die Corona-Pandemie ausbrach.

Deutschland „hätte damit wirtschaftlich ein verlorenes halbes Jahrzehnt erlebt“ und wichtige Zeit verloren, um Wohlstand und Arbeitsplätze auf dem Weg in eine klimaverträgliche Zukunft zu erhalten, ergibt die neue wirtschaftspolitische Analyse des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung zum Jahresauftakt.*

 

Um das zu verhindern, müsse die Wirtschaftspolitik dringend notwendige Spielräume für Investitionen wiedergewinnen, die sie durch das Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts vom November und die politischen Reaktionen darauf verloren hat. Als beste Lösung für das Problem empfiehlt das IMK eine „Golden Rule“, um künftig Investitionen von der Schuldenbremse auszunehmen. Als zweitbeste Lösung ein kreditfinanziertes Sondervermögen für Transformationsinvestitionen nach dem Vorbild des Sondervermögens Bundeswehr.


Die deutsche Wirtschaftspolitik stehe aktuell vor zwei großen Herausforderungen, umreißen die Ökonom*innen die Lage: Erstens müsse verhindert werden, dass sich die Stagnationstendenzen der deutschen Wirtschaft 2024 fortsetzen und verhärten. So bestehe zum einen das Risiko, dass die privaten Haushalte und Unternehmen wie in den frühen 2000er Jahren in eine „Stagnationserwartung“ verfallen. Diese könne auf längere Zeit die Wirtschaftsdynamik lähmen, etwa weil private Haushalte Käufe und Unternehmen Investitionen aufschieben.


Zum anderen könnte der Arbeitsmarkt, der sich über längere Zeit trotz heftiger äußerer Schocks stabil gezeigt hat, „kippen“ und die Arbeitslosigkeit deutlich steigen. Zumindest Vorboten dieser Entwicklung hat das IMK in seiner aktuellen Konjunkturprognose** bereits ausgemacht: Das Institut rechnet für 2024 mit 2,85 Millionen Arbeitslosen im Jahresdurchschnitt. Das sind rund 430.000 mehr als noch 2022, die Arbeitslosenquote dürfte in diesem Zeitraum von zwei Jahren von 5,3 auf 6,2 Prozent steigen.     Zweitens müsse die Wirtschaftspolitik mittelfristig einen Rahmen schaffen und der Staat auch eigene Maßnahmen ergreifen, „so dass die anstehende Dekarbonisierung unter Erhalt des deutschen Wohlstands sozial abgefedert und politisch akzeptiert gelingen kann“, schreiben die Forschenden in ihrem Jahresausblick.


Der größte Anteil, der für eine sozial-ökologische Transformation und Klimaneutralität bis 2045 notwendigen Investitionen müsse natürlich von Privaten geleistet werden, worunter sowohl Unternehmen fallen als auch private Haushalte. In der aktuellen Situation seien öffentliche Investitionen aber besonders wichtig als „Türöffner“ und teilweise Voraussetzung für private Ausgaben – sei es, weil diese von öffentlichen Infrastrukturen abhängen, sei es, weil Private den Einstieg in neue Techniken als Vorreiter nicht alleine stemmen können.


Neben der Modernisierung und Ertüchtigung traditioneller Infrastruktur, etwa bei Schienen, Fernstraßen, Wasserwegen, und bei Bildungseinrichtungen, sieht das IMK staatlichen Regulierungs-, Investitions- und Unterstützungsbedarf vorrangig an drei Punkten:

- Den forcierten Ausbau von Windenergie, Photovoltaik und Speichertechnologien für Erneuerbare Energien als klimafreundliche, verlässliche und längerfristig auch vergleichsweise günstige Stromquellen.

- Investitionen der Wirtschaft, und insbesondere der Industrie, in neue Techniken, die besonders CO2-arme Produktion ermöglichen, aber bislang noch deutlich teurer sind als die gängigen Prozesse. Dazu zählt etwa die Direktreduktion in der Stahlindustrie, die das bisherige Verfahren mit Kokskohle ersetzt.

Die Herausforderung für Unternehmen sei umso größer, weil der bis zum russischen Überfall auf die Ukraine „plausible Pfad“, dabei Erdgas als „Brückentechnologie“ zu nutzen, abgeschnitten sei. Und während die Preise für Gas und Strom in Deutschland im internationalen Vergleich sehr hoch sind, setzen Wettbewerber wie die USA und China viele Milliarden für Subventionen ein.   

- Unterstützung für private Haushalte bei der Wärme- und der Mobilitätswende, beispielsweise bei der Anschaffung einer neuen Heizung. Die werde umso wichtiger „angesichts der sich nun zunehmend klarer abzeichnenden Risiken einer Strategie, die bei der Dekarbonisierung auf steigende CO2-Preise ohne ausreichende Flankierung mit unterstützenden Maßnahmen setzt“, schreiben die Forschenden.


Ab 2027 dürfte der CO2-Preis stark anziehen, weil nach dem EU-Modell zum Emissionshandel dann von einer politisch gesetzten, bislang relativ moderaten, CO2-Steuer auf einen Marktpreis umgestellt wird. Das wird viele Privathaushalte mit Gas- und Ölheizungen finanziell stark belasten, hat eine IMK-Studie vom Dezember gezeigt. Und selbst wenn die gesamten Einnahmen aus dem CO2-Preis über ein Klimageld als Pauschale zurückgegeben würden, bekämen 44 Prozent aller deutschen Haushalte nur ein Klimageld, das nicht ausreicht, um ihre Zusatzbelastung zu kompensieren. Darunter sind knapp 4,7 Millionen Haushalte besonders stark betroffen: Selbst unter Einrechnung des Klimageldes müssten sie noch mehr als zwei Prozent ihres Nettoeinkommens aufwenden, um den steigenden CO2-Preis zu bezahlen.


Neben Unterstützungen bei der Wärmewende wie den forcierten Ausbau von Fernwärmenetzen sei es wichtig, den ÖPNV ausbauen und zu ertüchtigen, um Menschen die Möglichkeit zu geben, vom Auto auf Alternativen umzusteigen. Für die Modernisierung und den Ausbau der traditionellen Infrastruktur und des Bildungsbereiches hatte das IMK gemeinsam mit dem Institut der deutschen Wirtschaft bereits 2019 einen zusätzlichen Investitionsbedarf von rund 460 Milliarden Euro über zehn Jahre errechnet.


Dieser Bedarf besteht nach Einschätzung von Prof. Dr. Sebastian Dullien, dem wissenschaftlichen Direktor des IMK, dabei weitgehend fort, weil in den vergangenen Jahren nur wenige der damals aufgezeigten Lücken geschlossen worden seien. „2024 sollte das Jahr sein, in dem wir aus der akuten Krise herauskommen. In dem wir die Folgen der Pandemie endgültig hinter uns lassen. Und in dem wir die Lehren aus dem russischen Angriff auf die Ukraine und aus der Energiekrise in die Tat umsetzen, indem wir die sozial-ökologische Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft forcieren“, sagt Dullien.


„Stattdessen droht aktuell ein Ausfall der wirtschaftspolitischen Handlungsfähigkeit. Die Ampel- und zuvor die Große Koalition haben seit 2020 sowohl den Corona- als auch den Energiepreisschock erfolgreich abgefedert. Aber mit dem Haushalts-Urteil des Bundesverfassungsgerichts und der finanzpolitischen Reaktion darauf, droht die Wirtschaftspolitik jetzt selbst zu einer Belastung für die Wirtschaft zu werden.“    


„Die Herausforderungen der Transformation anzugehen, ist kein Partikularinteresse einzelner Parteien“ Das Urteil des Verfassungsgerichts habe zwar vordergründig die umstrittenen Haushaltskonstruktionen der Bundesregierung über umgewidmete Kreditermächtigungen und Sondervermögen wie den Klima- und Transformationsfonds zu Fall gebracht. Es sei aber zu simpel, an diesem Punkt der Analyse stehen zu bleiben, warnt das IMK. „Das Urteil offenbart in Wirklichkeit die eklatanten Schwächen einer Schuldenbremse, die nicht mehr in unsere Zeit passt“, erklärt Ökonom Dullien. Die transformativen Herausforderungen entschlossen anzugehen, sei schließlich kein Partikularinteresse einzelner Koalitionen oder Parteien, sondern eine gesellschaftliche Notwendigkeit.


„Der Strukturwandel läuft bereits. Er kann unseren Wohlstand stärken, wenn wir ihn gut gestalten Er kann unseren Wohlstand in Gefahr bringen, wenn wir ihn nicht angemessen und ausreichend flankieren. Ersteres kostet jetzt Geld für Investitionen. Letzteres wird die Staatsfinanzen der Zukunft bedrohen. Es wäre absolut widersinnig, wenn ausgerechnet Deutschland, das die niedrigste Staatsverschuldung unter den G7-Ländern hat, nicht genug tut.“ Gleiches gelte für die eklatanten Mängel an der bestehenden öffentlichen Infrastruktur in Deutschland etwa im Verkehrs- oder Bildungsbereich. „Auch bei der traditionellen Infrastruktur verhindert die Schuldenbremse nun eine dringend notwendige, entschiedene Investitionswende“, so Dullien.         


Als beste Lösung sieht das IMK eine Reform der Schuldenbremse durch eine „Golden Rule“ für Investitionen. Diese würden dann aus den Begrenzungen ausgenommen. Das sei ökonomisch und ethisch sehr gut zu begründen. Schließlich kommen die notwendigen Investitionen nicht nur heutigen Generationen zugute, sondern insbesondere auch künftigen.


„Eine `Golden Rule´ würde eine Verstetigung öffentlicher Investitionen ermöglichen und gleichzeitig eine Überschuldung vermeiden. Die Wirtschaftspolitik sollte sich zeitnah für eine solche Reform einsetzen“, appellieren die Forschenden parteiübergreifend. Doch: „Leider scheinen die politischen Mehrheiten absehbar für eine derartige First-Best-Reform nicht gegeben.“ Eine Second-Best-Lösung wäre für das IMK daher „ein im Grundgesetz verankertes kreditfinanziertes Sondervermögen für die Transformation nach dem Vorbild des Sondervermögens `Bundeswehr´“.


Allerdings wäre auch für diese Lösung eine Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat erforderlich. Für den Übergang sei es deshalb völlig gerechtfertigt, wenn der Bundestag erneut für 2024 eine Notsituation erklären würde, um eine Kreditaufnahme jenseits der für Normalzeiten festgelegten 0,35 Prozent des BIP zu ermöglichen. „Der Energiepreisschock nach der russischen Ukraine-Invasion wirkt nach. Inzwischen liegt die Wirtschaftsleistung fast 5 Prozent niedriger, als es allgemein unmittelbar vor der Invasion erwartet worden war. Natürlich ist das weiter eine wirtschaftliche Notsituation“, so Dullien.


Auf den Punkt gebracht
So wird 2024 - Jahresausblick des IMK Von Arbeitsmarkt bis Zinsen, von der Konjunktur in China bis zum EU-Mercosur-Abkommen: Wichtige Wirtschaftsthemen 2024 auf den Punkt gebracht  

Baurechtsexpertin warnt vor Konfliktpotenzial mit neuem Gebäudeenergiegesetz

Was schlägt was: Klimaschutz vor Denkmalschutz? Baumschutz vor Energieeffizienz?  
Berlin/Duisburg, 4. Januar 2024 - Deutschlands Bau- und Immobilienbranche steht vor einer Energiewende – spätestens nach dem Beschluss des EU-Parlaments im März 2023 für verschärfte Anforderungen an die Energieeffizienz von Gebäuden. Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) soll als Teil des Klimapakets „Fit for 55“ den Gebäudesektor bis 2045 energieeffizienter und frei von fossilen Energieträgern machen. Doch Rechtsanwältin Daniela Mechelhoff von der Arbeitsgemeinschaft für Bau- und Immobilienrecht im Deutschen Anwaltverein weist auf das schwierige Zusammenspiel konkurrierender gesetzlicher Regelungen hin.  


„Die Regelungen des Gebäudeenergiegesetzes kollidieren teilweise mit anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften, wie beispielsweise dem Denkmalschutz oder Baumschutzsatzungen“, erläutert Rechtsanwältin Mechelhoff. Idee des Gebäudeenergiegesetzes ist, dass durch besser gedämmte Häuser oder modernere Heizungen der Energiebedarf gesenkt werden kann. Gleichzeitig sollen die Bewohnerinnen und Bewohner über den geringeren Verbrauch vor der Kostenbelastung durch sprunghaft steigende Energiepreise geschützt werden.


„Insbesondere bei der Sanierung historischer Bausubstanz stehen das Gebäudeenergiegesetz und der Denkmalschutz im Konflikt“, warnt Mechelhoff. Das Kernproblem liegt in der unterschiedlichen Zielsetzung der beiden Gesetze. Während das Gebäudeenergiegesetz die Energieeffizienz und den Einsatz erneuerbarer Energien fördert, zielt der Denkmalschutz auf den Erhalt des Bestandes und kulturellen Erbes.


„Der Einbau von energieeffizienten Fenstern oder Solaranlagen in denkmalgeschützte Gebäude kann die historische Substanz beeinträchtigen, was dem Denkmalschutzgesetz widerspricht“, erklärt die Fachanwältin für Verwaltungsrecht. Neben dem Denkmalschutz stellen Baumschutzsatzungen eine weitere rechtliche Herausforderung dar. Die Installation von Photovoltaikanlagen auf Dächern kann durch große, schattenspendende Bäume beeinträchtigt werden. Die Beseitigung der Bäume verstößt jedoch gegen die Baumschutzverordnung.


Mechelhoff betont: „Dieser Konflikt zwischen Umweltschutz und Energieeffizienz ist besonders heikel. Einerseits sollen Bäume zum Schutz des städtischen Grüns und der Biodiversität erhalten bleiben, andererseits sind sie ein potenzielles Hindernis für die Optimierung der Energieeffizienz durch Solaranlagen.“ Die Gestaltung von Dachflächen und Fassaden in geschützten Gebieten ist ebenfalls problematisch. „Maßnahmen, wie die Dämmung von Gebäuden, können Auswirkungen auf bestehende Lebensräume von Tieren haben und stehen somit teilweise im Widerspruch zu Naturschutzgesetzen“, erklärt Mechelhoff.

 

Naturschutz muss zurückstecken
Paragraph 2 des EEG (Gesetz für den Ausbau erneuerbarer Energien) und die Landesbauordnung NRW (2018) zeigen bereits Ansätze, wie diese Herausforderungen angegangen werden können. Danach sollen andere öffentliche Interessen wie der Baumschutz, der Naturschutz allgemein oder auch der Denkmalschutz zukünftig weitreichend zurückstehen. „Die Bestrebung ist da, die Gesetzte auch auf Landes- und Kommunalebene im Sinne des Gebäudeenergiegesetzes anzupassen. Allerdings wird es auch zukünftig noch Bereiche geben, wie Baumschutzsatzungen, Naturschutz etc., die diesen Vorgaben entgegenstehen. Dann muss im Einzelfall entschieden werden, welches Rechtsgut überwiegt“, so Daniela Mechelhoff.   Die Presseinformation als offene Textdatei herunterladen    

Das neue Gebäudeenergiegesetz soll den Energiebedarf senken und Bewohner vor stark steigenden Energiepreisen schützen. Häufig kollidiert dieses jedoch mit den öffentlich-rechlichen Vorschriften.  Quelle: ARGE Baurecht  


2024 droht erneute Schrumpfung des BIP

Düsseldorf/Duisburg, 02. Januar 2024 - Die Finanzpolitik der Bundesregierung dürfte mit dem Haushaltskompromiss der vergangenen Woche dazu beitragen, dass die deutsche Wirtschaft auch im kommenden Jahr leicht schrumpft. Kürzungen bei den Staatsausgaben, höhere Abgaben und die zusätzliche Unsicherheit über die weitere Förderung von Klimaschutzprojekten dürften den bremsenden Effekt von hohen Zinsen und verhaltener Entwicklung der Weltwirtschaft verstärken. In der Folge sinkt das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Jahresdurchschnitt 2024 um 0,3 Prozent. Damit wäre der Rückgang ähnlich groß wie 2023.


Zu diesem Ergebnis kommt das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung in seiner neuen Konjunkturprognose*. Bei weiter abnehmender Inflation erholt sich zwar im kommenden Jahr der private Konsum wieder etwas. Diese positive Entwicklung kann aber negative Impulse vom Bau, den Anlageinvestitionen und aus dem Außenhandel nicht kompensieren. Bleibt es bei diesem Szenario, steigt die Arbeitslosigkeit im Jahresmittel 2024 spürbar um knapp 240.000 Personen auf 6,2 Prozent nach durchschnittlich 5,7 Prozent 2023.

Die Inflationsrate wird im Jahresdurchschnitt 2023 noch hohe 5,9 Prozent betragen, im kommenden Jahr aber weiter deutlich sinken und mit jahresdurchschnittlich 2,5 Prozent wieder relativ nahe am Inflationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB) liegen. Gegenüber seiner vorherigen Prognose vom September geht das IMK für 2023 davon aus, dass das BIP geringfügig weniger stark schrumpft – um 0,3 Prozent statt um 0,5 Prozent.


Dabei geht diese Revision für 2023 vor allem darauf zurück, dass das statistische Bundesamt die Daten für die Quartale in der ersten Jahreshälfte nachträglich minimal höher angesetzt hat. Die Prognose für 2024 nehmen die Konjunkturfachleute hingegen deutlich um 1,0 Prozentpunkte zurück, von 0,7 Prozent Wachstum auf 0,3 Prozent Rückgang. Neue Werte des IMK-Konjunkturindikators unterstreichen die trüben Aussichten: Für den Drei-Monats-Zeitraum bis Ende Februar 2024 signalisiert das Instrument ein Rezessionsrisiko von knapp 70 Prozent.

„Der von der Bundesregierung als Kompromiss vorgelegte Haushaltsentwurf ist zwar kein brachialer Austeritätshaushalt. Er kürzt aber Ausgaben an verschiedenen Stellen und beinhaltet Abgabenerhöhungen. All das hat negative Effekte auf das Wachstum“, sagt Prof. Dr. Sebastian Dullien, der wissenschaftliche Direktor des IMK.   Hinzu komme, dass das Urteil des Bundesverfassungsgerichts und die Reaktion der Regierung darauf Unsicherheit bei Unternehmen und privaten Haushalten geschürt habe, was ebenfalls das Wachstum belaste.

„Die Haushaltssperre aus dem November, der nun beschlossene Wegfall bereits zugesagter Entlastungen wie bei den Netzentgelten und die Tatsache, dass zwischenzeitlich in der Öffentlichkeit Projekte von der Chipförderung bis zu Subventionen für bereits begonnene Investitionen etwa bei der Batteriezellenproduktion in Frage standen, stellt aus Sicht vieler Unternehmen die Verlässlichkeit der deutschen Politik in Frage“, so Dullien weiter.

 

„Besser wäre es gewesen, wenn die Bundesregierung aufgrund der wirtschaftlichen Folgen des russischen Angriffs auf die Ukraine und des dadurch verursachten massiven Energiepreisschocks sofort erneut die Notsituation nach Artikel 115 Grundgesetz erklärt und auf Kürzungen verzichtet hätte.“

„Nicht ohne Not in eine hartnäckige wirtschaftliche Schwäche manövrieren“ Angesichts einer im internationalen Vergleich relativ niedrigen Staatsschuldenquote und von Haushaltsdefiziten, die selbst bei der aktuell schwachen Konjunktur moderat ausfallen – das IMK prognostiziert für dieses Jahr ein Defizit von 1,6 Prozent des BIP – „müssen wir aufpassen, dass wir uns nicht ohne Not in eine hartnäckige wirtschaftliche Schwäche manövrieren“, warnt der IMK-Direktor.

„Jetzt zeigt sich auch, wie ungeeignet die Schuldenbremse für die Herausforderungen der aktuellen Zeit ist. Statt einfach einen Haushalt aufstellen zu können, der den konjunkturellen und transformativen Herausforderungen angemessen ist, gibt es jetzt lange Diskussionen um mögliche Erklärungen für Notsituationen“, so Dullien. Wichtig sei nach dem aktuellen Haushaltskompromiss, nun Spielräume und Planungssicherheit auch für die Jahre nach 2024 zu schaffen. „Ein denkbarer Weg wäre die Einrichtung eines Sondervermögens, um die nötigen öffentlichen Investitionen für das kommende Jahrzehnt sicherzustellen.“     

Kerndaten der Prognose für 2023 und 2024  – Arbeitsmarkt – Die schwache konjunkturelle Dynamik bremst die Entwicklung der Erwerbstätigkeit stark. Die Zahl der Erwerbstätigen legt 2023 jahresdurchschnittlich noch um 0,8 Prozent zu, 2024 sinkt sie um 0,1 Prozent. Gleichzeitig wächst die Arbeitslosigkeit.


Bei den Arbeitslosenzahlen prognostiziert das IMK im Jahresdurchschnitt 2023 einen Anstieg um knapp 200.000 Personen, so dass im Jahresmittel rund 2,61 Millionen Menschen arbeitslos sein werden. Das entspricht einer Quote von 5,7 Prozent, ein Anstieg um 0,4 Prozentpunkte gegenüber 2022. Für 2024 veranschlagen die Forschenden eine weitere Zunahme der Arbeitslosigkeit auf 2,85 Millionen Personen und eine Quote von 6,2 Prozent.  – Weltwirtschaft und Außenhandel – Die Weltwirtschaft wächst sehr verhalten, wozu die global hohen Zinsen wesentlich beitragen.

So verlangsamt sich die BIP-Entwicklung in den USA von 2,4 Prozent 2023 auf 1,3 Prozent 2024. Das ohnehin geringe Wirtschaftswachstum im Euroraum geht von 0,5 Prozent in diesem Jahr auf 0,4 Prozent im kommenden Jahr zurück. Damit erhält der deutsche Export nur schwache Impulse von wichtigen Handelspartnern. Die deutschen Ausfuhren sinken um 2,3 Prozent im Jahresmittel 2023. Trotzdem leistet der Außenhandel per Saldo rechnerisch einen kleinen positiven Wachstumsbeitrag, weil die Importe jahresdurchschnittlich noch stärker sinken: um 3,0 Prozent.

2024 gehen die Exporte geringfügig um 0,1 Prozent zurück, die Importe nehmen minimal um 0,1 Prozent zu. – Investitionen – Die Ausrüstungsinvestitionen entwickeln sich laut IMK-Prognose 2023 noch robust und steigen um 3,9 Prozent im Jahresmittel. Im kommenden Jahr bricht der positive Trend aber ab: die Ausrüstungsinvestitionen wachsen nur minimal um 0,1 Prozent, auch weil Unternehmen mit Ausgaben abwarten werden, so lange Unsicherheit über den öffentlichen Investitionskurs herrscht.


Die Bauinvestitionen brechen wegen erhöhter Kosten und Zinsen weiter ein. Nach einem Rückgang um 1,8 Prozent im Jahresdurchschnitt 2023 fallen sie 2024 sogar um jahresdurchschnittlich 5,1 Prozent zurück. – Privater Konsum – Die starke Teuerung drückt in diesem Jahr auf die realen Einkommen, auch wenn sich die nominalen Löhne durch höhere Tarifabschlüsse spürbar kräftiger entwickeln als in den Vorjahren.

Für 2024 erwartet das IMK dann bei niedrigerer Inflation wieder reale Lohngewinne. Die privaten Konsumausgaben sinken dementsprechend im Jahresmittel 2023 real um 1,0 Prozent. 2024 erholen sie sich wieder etwas, nehmen mit 0,6 Prozent Wachstum aber nur moderat zu. – Inflation und öffentliche Finanzen – Für 2023 rechnet das IMK mit einer durchschnittlichen Teuerungsrate von 5,9 Prozent. 2024 beruhigt sich das Inflationsgeschehen dann stärker.

Zwar wirken zu Jahresbeginn der höhere CO2-Preis, das Auslaufen der Energiepreisbremsen und die Normalisierung des Mehrwertsteuersatzes in der Gastronomie noch einmal preistreibend, so dass der Rückgang der Inflationsrate zumindest gebremst wird. Ab März setzt sich der Sinkflug dann aber konsequent fort, im Jahresdurchschnitt 2024 beträgt die Teuerungsrate 2,5 Prozent. Die Steuereinnahmen entwickeln sich 2023 gedämpft, nicht zuletzt als Folge verschiedener steuerlicher Entlastungen. Zugleich setzt der Staat zur Krisenbekämpfung noch erhebliche Mittel ein.

Das trägt zur Stabilisierung der Konjunktur bei und verhindert einen stärkeren Einbruch. Das öffentliche Budget wird 2023 ein Defizit von 1,6 Prozent aufweisen – deutlich weniger als noch im Sommer erwartet. Für das kommende Jahr geht das IMK für die öffentlichen Finanzen von einem restriktiveren Kurs aus. Das bremst die Konjunktur bei einem prognostizierten Rückgang des Defizits auf 1,0 Prozent im Jahresdurchschnitt 2024.

Audio-Statement

Kernergebnisse der Prognose im Audio-Statement von IMK-Konjunkturforscher Peter Hohlfeld